Max Bruch
Die Loreley
cpo 777 005-2
3 CD • 2h 23min • 2014
06.12.2018
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Durch Heinrich Heines Gedicht ist die Sage von der Loreley populär und in der Vertonung Friedrich Silchers zum Volkslied geworden. Es handelt sich dabei aber keineswegs um „ein Märchen aus alten Zeiten“, wie der Dichter behauptet, sondern um eine Kopfgeburt der Romantik. Heines Kollege Clemens Brentano hatte die Figur in die Literatur eingeführt. Seine Ballade „Lore Lay“ ist Bestandteil des 1800 erschienenen Romans „Godwi“. Und diese Ballade war wohl auch eine wichtige Inspirationsquelle für Emanuel Geibel, der das Libretto der Oper für Felix Mendelssohn-Bartholdy schrieb, der aber noch in einer frühen Phase der Komposition verstarb. Der Autor ließ das Buch später zwar drucken, verbot jedoch strikt eine Vertonung durch einen anderen Komponisten. Der junge Max Bruch, von dem Text begeistert, ignorierte das Verbot und konnte Geibel mit Proben seiner Arbeit schließlich überzeugen, das Libretto freizugeben.
Bei Geibel ist Lenore, die zur Loreley wird, - wie schon bei Brentano angelegt - nicht die rachsüchtige, männermordende Fee, sie leidet vielmehr unter ihrer Zauberkraft, die nur Unglück bringt, und wäre nur zu gerne bereit, den ihr zugedachten Feuertod zu sterben. Doch selbst der Erzbischof verfällt ihrer Ausstrahlung und spricht sie frei. Beim Showdown im letzten Akt wird sie beinahe schwach, als sie dem Pfalzgrafen Otto, ihrem untreuen Geliebten, wiederbegegnet, doch da erscheinen die Rheingeister und gemahnen sie an ihre Pflicht als „Braut des Rheins“. Der Treulose stürzt sich daraufhin vom Felsen in den Strom.
Geibels Libretto beweist einigen Theatersinn, und der ist auch Bruch zu attestieren, dessen erst zweite Oper 1863 in Mannheim uraufgeführt wurde. Schon in jungen Jahren war er Traditionalist, wollte von der neudeutschen Schule, besonders von Liszt und Wagner, nichts wissen. Er verehrte Mendelssohn und Brahms, seine Loreley steht allerdings als „Große romantische Oper“ in der Nachfolge von Marschner und Spohr. Bruch bedient diese Gattung mit machtvollen, farbig instrumentierten Tableaus. Die „volksliedartigen Weisen“, die Geibel vorgeschwebt hatten, finden sich dagegen nur sehr spärlich, die Arien – in diesem Punkt ist Bruch sehr fortschrittlich – mutieren überwiegend zu dramatischen Monologen. Besonders einprägsame Melodien findet man daher kaum, aber es gibt einige sehr starke Szenen, die einen Wiederbelebungsversuch auf der Bühne rechtfertigen könnten. Dazu zählen vor allem die nächtliche Sturmszene im zweiten Akt, in der sich Loreley den Rheingeistern verspricht, doch auch die Gerichtsszene im dritten sowie das große, operngerechte Finale.
Die konzertante Aufführung des vergessenen Werks im Münchner Prinzregententheater, die im Ganzen gelungen ist, macht jedenfalls neugierig auf einen szenischen Versuch. Stefan Blunier setzt mit dem Münchner Rundfunkorchester auf den großen Effekt, neigt in den Ensembles mit Chor auch zum Pompösen. Etwas mehr an klanglicher Ausdifferenzierung hätte der Partitur zweifellos gut getan. Die beiden Hauptrollen sind exzellent besetzt und das ist bei diesem Werk schon die halbe Miete. Michaela Kaune trifft mit ihrem expansionsfähigen, schillernden lyrischen Sopran den jungmädchenhaften Ton der Lenore ebenso wie den der gleißenden Zauberin. Und der frühere Bariton Thomas Mohr als Pfalzgraf Otto verstrahlt unangestrengten heldentenoralen Glanz, ist dabei auch emotional überzeugend. Magdalena Hinterdobler als seine düpierte Braut Bertha hat es trotz ihrer großen Kavatine im 3. Akt etwas schwer, gegen die Protagonistin anzukommen, da sie sich im Stimmcharakter zu wenig von ihr unterscheidet und ihr an Stimmqualität und künstlerischer Reife unterlegen ist. Die übrigen Rollen hat der BR mit dem Veteranen Jan-Hendrik Rootering als Minnesänger Reinald und einigen begabten Nachwuchssängern besetzt, wobei freilich Thomas Homberger als Erzbischof und Sebastian Campione als Lenores Vater für ihre Partien hörbar zu jung sind.
Ekkehard Pluta [06.12.2018]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Max Bruch | ||
1 | Die Loreley (Große romantische Oper in vier Akten) | 02:23:06 |
Interpreten der Einspielung
- Michaela Kaune (Lenore, Tochter des Fährmanns Hubert - Sopran)
- Magdalena Hinterdobler (Bertha, Gräfin von Stahleck und Nichte des Erzbischofs - Sopran)
- Danae Kontora (Winzerin - Sopran)
- Thomas Mohr (Pfalzgraf Otto - Tenor)
- Benedikt Eder (Leupold, Seneschall des Pfalzgrafen Otto - Bariton)
- Jan-Hendrik Rootering (Reinald, ein Minnesänger - Bariton)
- Thomas Hamberger (Der Erzbischof von Mainz - Bariton)
- Sebastian Campione (Hubert, Fährmann und Schenkwirt - Baß)
- Prager Philharmonischer Chor (Chor)
- Münchner Rundfunkorchester (Orchester)
- Stefan Blunier (Dirigent)