Arnold Krug
String Sextet • Piano Quartet
cpo 555 030-2
1 CD • 67min • 2014
09.04.2018
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
In den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts hat der Dresdner Instrumentenbauer und Komponist Alfred Stelzner die vierköpfige Familie der Streicher – von der Violine bis hinunter zu ihrem großen Stiefbruder, dem Kontrabaß – um zwei kunstvoll-künstliche Mitglieder zu erweitern versucht: die Violotta und den Cellone, mit denen er die Lücke zwischen Bratsche und Violoncello ausfüllen beziehungsweise für den mitunter etwas unbeholfenen Baß eine beweglichere Alternative finden wollte. Wie so viele „Bereicherungen“ der sanktionierten Palette blieben auch diese Novitäten auf der Strecke, nachdem sie einige Kompositionen gezeitigt hatten, die auf einen von Stelzner selbst ausgeschriebenen Wettbewerb zurückgingen. Den Sieg trug 1896 der Hamburgische Komponist, Pianist und Lehrer Arnold Krug davon, der mit seinem Streichsextett op. 68 nicht nur ein Werk im Sinne des Erfinders, sondern tatsächlich auch eine sehr ansprechende, mitunter sogar fesselnde Musik geschrieben hat.
Die recht eigenen lyrischen Qualitäten, die Mischung aus knurrig-knorriger Kompaktheit und schöner Transparenz und die dramatischen Verdichtungen dieser dreisätzigen, immerhin an die dreißig Minuten dauernden Kreation haben im Linos Ensemble, das derzeit auf das Ende seiner vierzigsten (!) Saison zugeht, eine überaus engagierte, von der Materie restlos überzeugte „Anwaltskammer“ gefunden. Zwar ist man bei der Einspielung in der alternativen Besetzung (mit zweiter Bratsche und Kontrabaß) ans Werk gegangen, doch es dürfte kaum ins Gewicht fallen, dass Stelzners instrumentaler Wunschtraum hier nicht erfüllt wurde: Das süffige Hauptthema des Kopfsatzes allein genügte, um das Interesse an der Komposition zu wecken, deren zentrales Adagio mit seinen leisen Nachklängen aus Beethovens vierter Symphonie gewiß den Höhepunkt des Ganzen darstellt – und wer partout der Meinung ist, es hätte der authentische Cellone für die Grundierung sorgen müssen, der höre nur auf die tanzbärenhafte Eleganz, mit der Jörg Linowitzky die samtigen Tiefen der Komposition unterstreicht.
Eine vollgültige Ergänzung dieses sogenannten „Preis-Sextetts“ schließt sich mit dem sechzehn Jahre älteren Klavierquartett des jungen Arnold Krug an, der hier nach Auskunft des Begleittextes seine italienische Studienzeit reflektiert und sich anscheinend in dem beglückenden Gefühle des „Maestro Compositore“ sonnte, zu der ihn die Accademia di Santa Cecilia gemacht hatte. Konstanze Eickhorst, Winfried Rademacher, Matthias Buchholz und Mario Blaumer stürzen sich ebenso beherzt wie sensibel in das romantische Abenteuer eines Schwarmgeistes, der zunächst (nicht ganz erfolgreich) mit der Sonatenform ringt und sich im Adagio mit Wonne zur lyrischen Ader läßt, ehe er im „nächtlichen Ritt“ des Scherzos Schumannschen Phantasiegestalten nachjagt und abschließend einen römischen Karneval schildert, dem er sich freilich als deutscher Tonkünstler nicht vollends ausliefert: „Der gute Arnold schaut von fern und hat die Sache doch recht gern,“ hätte Wilhelm Busch diese Szene unterschrieben, mit der die vier Künstler des Linos Ensembles ihre jüngste Veröffentlichung launig beenden. Keine große Musik, gewiß nicht, aber in der Weise, wie sie uns hier dargereicht wird, auch nichts, was man nach dem Kennenlernen wird vergessen wollen.
Rasmus van Rijn [09.04.2018]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Arnold Krug | ||
1 | Streichsextett op. 68 | 00:28:03 |
4 | Klavierquartett op. 16 | 00:38:38 |
Interpreten der Einspielung
- Linos Ensemble (Ensemble)