Colors
Claude Debussy • Richard Strauss
Sony Classical 88985446952
1 CD • 61min • 2016
19.10.2017
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Noch zu Claude Debussys und Richard Strauss´ Zeiten hatten vierhändige Klavier-Bearbeitungen eine wichtige Bedeutung bei der Verbreitung großer Orchesterstücke: Dirigenten, aber nicht zuletzt natürlich auch Hörer konnten sich mit vertretbarem Aufwand mit komplexen Partituren vertraut machen, die im Konzert selten gespielt wurden. In Zeiten der allgegenwärtigen Verfügbarkeit von Musik haben solche Bearbeitungen eigentlich ihren Sinn verloren. Abgesehen davon, dass es natürlich historisch für sich genommen interessant ist, bekannten Orchesterwerken einmal in dieser reduzierten Erscheinungsform zu begegnen, besteht nach dem Siegeszug von Grammophon, Platten- und CD-Spieler keine echte Notwendigkeit mehr, La mer oder Salomes Tanz der sieben Schleier im, wenn auch aufgestockten, Klavierauszug zu vier Händen zu hören.
Das bwährte Klavierduo, das Yaara Tal und Andreas Groethuysen bilden, bietet dem Hörer, der diese Repertoirestücke einmal anders hören möchte, zwar naturgemäß mehr pianistischen Anspruch als seinerzeit vielleicht mancher Korrepetitor: Das Zusammenspiel ist, wie zu erwarten, sehr sicher, die Anschlagspalette groß; beide Duopartner sind ja ursprünglich Solisten, Yaara Tal hat etwa soeben, auch bei Sony, ein Programm mit Polonaisen von Frédéric Chopin und Franz Xaver Mozart herausgebracht. Und doch sind bei gleichbleibendem Niveau nicht alle musikalischen Gelegenheiten ganz ausgeschöpft worden.
In La Mer könnte man sich die Tremoli, die natürlich immer Verlegenheitslösungen bei der Übertragung orchestraler Strukturen auf das Klavier sind, klangmagischer vorstellen, bisweilen auch noch präziser ausgeführt; die Ton-Kaskaden sind nicht mit letzter Konsequenz distinkt gehalten, gleißen auch nicht, sondern verpuffen recht bieder, und für die Schlagzeugeffekte im Finale hätte man irgendwie eine adäquatere, eindrücklichere Spielweise finden müssen. Bei solchen Passagen, etwa auch dem zu beiläufig entwickelten und ausgelebten Höhepunkt des ersten Satzes, ist das Klavierduo der orchestralen Konkurrenz nicht ebenbürtig.
Zwiespältig ist auch der Eindruck bei den Strauss-Bearbeitungen. Nicht, dass das nicht virtuos dargeboten würde, aber in Till Eulenspiegels lustige Streiche, vor allem aber in den Tanzpassagen aus Salome und Rosenkavalier etwa hätten die beiden Spieler doch weitaus mehr Möglichkeiten zu gestischer, agogischer Freiheit gehabt als ein Orchester von hundert Köpfen, das weitaus aufwendiger zu koordinieren ist. Was nicht ganz gelang, ist, diese Bearbeitungen so zu spielen, als ob sie genuine Klaviermusik wären.
Dafür wird zum Beispiel bei den in Ostinati dahineilenden Passagen im zweiten Satz von La mer die Struktur sehr klar, und die trockene Begleitung im Prélude à l´après-midi d´un faune macht manche im Orchesterglanz verborgene Anleihe an der Salonmusik von Debussys Zeit hörbar. Entdeckungen also sind dem aufmerksamen Hörer dieses Programms sicher.
Prof. Michael B. Weiß [19.10.2017]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Claude Debussy | ||
1 | Prélude à l'après-midi d'un faune (bearb. für zwei Klaviere von C. Debussy) | 00:08:51 |
2 | Three Symphonic Sketches (Three symphonic sketches) | 00:21:29 |
Richard Strauss | ||
5 | Tanz der sieben Schleier (from: Salome) | 00:08:38 |
6 | Walzerfolge aus "Der Rosenkavalier" op. 59 (Bearb. für 2 Klaviere) | 00:07:36 |
7 | Till Eulenspiegels lustige Streiche op. 28 | 00:14:00 |
Interpreten der Einspielung
- Yaara Tal (Klavier)
- Andreas Groethuysen (Klavier)