Piano Duo
Adrienne Soós & Ivo Haag
Johannes Brahms ‒ Symphony No. 1
Telos CD TLS 219
1 CD • 74min • 2016
11.07.2017
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Unwillkürlich stellt sich mir die Frage: Was wäre das Ergebnis gewesen, hätte Brahms seine Symphonien für Klavier solo, also zum Vortrag zu zwei Händen übertragen und herausgegeben. Ich denke hier an die Klaviertranskriptionen der Beethoven-Symphonien von Franz Liszt mit all ihren verblüffenden und den Interpreten bis an die Grenze des Machbaren herausfordernden Passagen zwischen Eroica-Pathos und Pastorale-Gewitter. Brahms hat seine Symphonien – und nicht nur das rein symphonische Schaffen – für Klavier zu vier Händen zum privaten Gebrauch zugänglich gemacht und damit auch erkleckliche Erträge eingeheimst. Für den Konzertgebrauch indes fehlt es den Übertragungen an konzertanter Auffälligkeit im Sinne von Brillanz und Wirkungskraft. Hingegen leisten diese zweifellos dem häuslichen Musizieren dienlichen Klavierreduktionen günstige Dienste. Nämlich dem Kennenlernen, dem Verständnis komplizierter Ideen und deren struktureller Analyse.
In dieser Hinsicht sind Adrienne Soós und Ivo Haag für ein Maximum an pianistischer Aufklärung, aber auch – wie ich zu verspüren vermag – an Hingabe an das Geschehen der c-Moll-Symphonie verantwortlich. Es handelt sich in dieser Einspielung sozusagen um eine Skelettierung der Symphonie op. 68. Zugleich wird der aufmerksame und dem Klavier geneigte Hörer im akkuraten, aber auch geziemend leidenschaftlichen Zusammenspiel des Duos die klang-philharmonischen Urzustände des Werkes erkennen.
Die von der Klangregie her für mein Empfinden etwas sparsam mit Räumlichkeit und Klangrundung abgesicherte CD gewinnt im Beiprogramm an vermehrter Attraktivität. Brahms‘ Schumann-Variationen op. 23 werden vom Duo Soós – Haag in all ihren vorder- und hintergründigen Verästelungen erspürt und zum klingenden Weben gebracht. Und im Fall der späten Kinderball-Erfreulichkeiten zeigen Adrienne Soós und Ivo Haag in dezenter, ja vielleicht schon dem Jenseits naher Ausgelassenheit, wie es um Schumanns Überleben knapp vor dem Ableben bestellt war.
Vergleichseinspielunen: Brahms – Sinfonie Nr. 1: Duo Crommelynck (Claves 50-9012), Lonskov – Llambias (Steeple Chase Prod. 32128); Variationen op. 23: Verhagen – Komen (Globe LP 5188), Tal – Groethuysen (Sony SMK 87314), V. und D.Keilhack (Colosseum 34.0649) Béroff – J.-Ph. Collard (EMI LP 1 C 065-73044), Duo Crommelynck (Claves 50-8711), A. Schiff – Solti (Decca 425 110-2), Chipak – Kushnir (Genuin 11197), Medjimorec – Petermandl (Freunde der OÖ. Stiftskonzerte LP 66.23909), Postnikova – Roshdestwensky (Melodya /Eurodisc LP 89 152 KK), Duo Stenzl (Ars musici AM 1130-2), Matthies – Köhn (Naxos 8.553139); Schumann: Dirani – Amelotti (fonè 97 F 08/9), Moreno – Capelli (Rodolphe COCEU 009.10).
Peter Cossé † [11.07.2017]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Johannes Brahms | ||
1 | Symphony No. 1 c minor op. 68 | 00:42:13 |
5 | Variationen über ein Thema von R. Schumann Es-Dur op. 23 | 00:16:21 |
Robert Schumann | ||
16 | Kinderball op. 130 für Klavier zu vier Händen | 00:15:02 |
Interpreten der Einspielung
- Adrienne Soós (Klavier)
- Ivo Haag (Klavier)