Nico Dostal
Die ungarische Hochzeit
cpo 777 974-2
2 CD • 2h 00min • 2015
12.09.2016
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Ein Glück, dass des solche Operetten-Stationen (um nicht zu sagen: Sanatorien) gibt wie Bad Ischl im Salzkammergut. Das kleine, noch aus der Kaiserzeit stammende Kurtheater widmet sich schon seit vielen Jahren der Operette und kann es sich im Gegensatz zu den großen Häusern erlauben, auch dann und wann etwas Ausgefallenes zu spielen. Die ungarische Hochzeit des Fast-Wieners Nico Dostal (Korneuburg, wo er 1895 geboren wurde, liegt nur einen Katzensprung von Wien entfernt) ist so etwas Ausgefallenes. Zwar gibt es darin so gut wie alles, was die Operette österreichisch-ungarischer Prägung ausmacht: ein seriöses, ein heiteres Paar, am Ende des zweiten Aktes den große Konflikt, zuletzt die Versöhnung unter Heranziehung einer historischen Persönlichkeit. Nicht Kaiser Franz Joseph wie im Weißen Rössl sondern die Kaiserin Maria Theresia, hier drastisch dargestellt von der Wiener Bühnengröße Dolores Schmiedinger, ist die Friedensstifterin und bringt die Paare zusammen. Dostals geschickt verfertige Musik zaubert ein Talmi-Ungarn herbei, mit Csárdásklängen, die bald nach Strauß, nach Lehár, Kálmán etc. duften.
Und doch gibt es manches Verwunderliche daran: Dostals Operette ist zu spät, viel zu spät auf die Welt gekommen: Die ungarische Hochzeit hatte weder in Wien noch in Budapest Premiere, wie das einst üblich war, sondern im operetten-fernen Stuttgart. Und das im ominösen Jahr 1939, also zum ungünstigsten Zeitpunkt. Ein Vierteljahrhundert davor hätte die Operette mit ihrem ganzen Drum und Dran in die Zeit gepasst – so aber erschien sie als Nachzügler, als letztes Überbleibsel einer längst erstorbenen Tradition.
Text und Handlung (Hermann Hermecke) sind trivial, doch die Musik hat Schmiß und erfreut mit netten und flotten Einfällen. Gesungen und gespielt wird in Ischl mit Lust und Leben, viele junge Kräfte sind daran beteiligt. Der Ischler Haustenor ist ein Ukrainer namens Jevgenij Taruntsov. Er ist zwar kein Richard Tauber, macht aber seine Sache recht ordentlich. Zwei junge, frische Frauenstimmen fallen auf: Regina Riel (ernstes Fach) und Anna-Sophie Dostal (heiteres Fach), beide Sopran. Daraus könnte etwas werden.
Das Franz-Lehár-Orchester und der dortige Festival-Chor, die musikalische Leitung durch Marius Burkert - alles auf guter Ischler Höhe.
Clemens Höslinger [12.09.2016]
Anzeige
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Nico Dostal | ||
1 | Die ungarische Hochzeit | 01:20:28 |
Interpreten der Einspielung
- Chor des Lehár Festivals Bad Ischl (Chor)
- Franz Lehár-Orchester (Orchester)
- Marius Burkert (Dirigent)
- Jevgenij Taruntsov (Graf Stefan Bárdossy - Tenor)
- Regina Riel (Janka von Kismarty - Sopran)
- Thomas Zisterer (Arpád Erdödy, Kammerdiener des Grafen - Tenor)
- Anna-Sophie Kostal (Etelka, ein Bauernmädchen - Sopran)
- Tomaz Kovacic (Josef von Kismarty, Jankas Vater - Bariton)
- Rita Peterl (Frusina von Kismarty, Jankas Mutter - Alt)
- Gerhard Balluch (Desider, Stefans Onkel - Bariton)
- Wolfgang Gerold (Anton von Halmay, Stefans Freund - Baß)