Scheucher
Kendlinger

K21 1917
1 CD/DVD • 1h 26min • 2015
04.05.2016
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Ob sich der österreichische Dirigent und Komponist Matthias Georg Kendlinger selbst als „Klassik-Revoluzzer“ bezeichnet oder ob ihm dieses Etikett von den Medien verliehen wurde, das mag dahin gestellt sein. Auf den ersten Blick mutet das Revolutionäre an diesem Künstler erst mal nicht allzu „revolutionär“ an: Eine Absage erteilt der österreichische Komponist und Dirigent der neutönerischen Abstraktion – stattdessen schöpft Kendlinger aus der unmittelbaren Kraft der Melodie. Also kennzeichnen eingängige Parts und nicht selten ein schwelgerisches Pathos viele von Kendlingers Eigenkompositionen.
Was auffällt, ist der musikantische Schwung – wer schon unter Kendlingers Dirigat musizierte, führt sich beseelt allein durch die vielen frischen Aspekte, die er auch Klassikern wie Beethovens Neunter Sinfonie abgelauscht hat. Die Erklärung dafür liegt in Kendlingers ausgesprochen intuitivem Zugang zur Musik, die sich schon aus seiner Biografie ergibt: Als erklärter Autodidakt erschloss sich Kendlinger die Musik allein über das Hören – so lernte er auf Anhieb gleich mehrere Instrumente gleichzeitig.
Kendlingers Anliegen ist es, die Botschaft von Musik direkt und unmittelbar einem Publikum zu vermitteln. Davon zeugt die neue CD mit Eigenkompositionen – und die mitgelieferte DVD liefert dazu hautnahe Bilder und aufschlussreiche Statements vom Maestro und seinern Mitmusikern.
Zu erleben sind die 2004 von Kendlinger gegründeten K & K – Philharmoniker und der junge Pianist Philipp Scheucher. Impulsiv, hellwach, regelrecht körperhaft und zugleich hochpräzise mutet die Interaktion zwischen den Beteiligten an. Kendlinger ist ein erklärter Rhythmiker am Dirigentenpult – die Ausführenden „antworten“ mit lupenreiner Präzision.
Im Klavierkonzert Larissa, das Kendlinger seiner Frau widmete, ist alles auf farbenprächtiges Hörkino angelegt: Schwelgerische Breitwandformate gehen einher mit leichtfüßigen, nie tiefschürfenden Anspielungen auf die klassische Moderne des 20. Jahrhunderts, aber dann gewinnt auch wieder eine liedhafte Melodik die Oberhand. Regelrecht tanzbar wirkt der hymnische Vivace-Finalsatz des Klavierkonzertes, wo ein rasantes Frage- und Antwort-Spiel zwischen der perlenden, aber auch gerne bissig zupackenden Virtuosität des jungen Tastenkünstlers und dem konzentrierten Musikantentum des Orchesters die ganze Vitalität auf die Spitze treibt. Das erfindet zwar das Rad nicht neu und legt auch keine verborgenen Schichten im Unterbewusstsein frei – dafür kann man erleben, wie die Musiker mit ganzer Seele dabei sind.
Solche Signalwirkungen sind bei Kendlinger kein Zeichen von Anbiederei ans Publikum, sondern zeugen von einem wachen Idealismus, dem Publikum Freude an Musik zu vermitteln. Die CD schließt mit der Ouvertüre aus Kendlingers Oper Die Priester – einem großen Werk über menschliche Lebenswege und spirituelle Erkenntnis. Die K & K Philharmoniker, die 2004 im heute ukrainischen und einstmals österreich-ungarischen Lemberg gegründet wurden, gehen noch einmal richtig in die Vollen – mit aufblitzenden Streicherflächen, marschartigen Fanfarenstößen, treibender Rhythmik, welche nicht selten einen hypnotischen Schwung entfaltet.
Bezug über www.dacapo.at
Stefan Pieper [04.05.2016]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Matthias Georg Kendlinger | ||
1 | Klavierkonzert Nr. 1 C-Dur op. 7 (Larissa) | 00:24:07 |
4 | Der Priester (Oper - Ouvertüre) | 00:11:45 |
Interpreten der Einspielung
- K&K Philharmoniker (Orchester)
- Philipp Scheucher (Klavier)