Vincent Larderet
Ravel • Schmitt
Ars Produktion 4260052381786
1 CD/SACD stereo/surround • 54min • 2015
07.12.2015
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
„Vom Schlachtfeld zum Variété-Theater“. Treffender kann man das Programm der vorliegenden CD wohl kaum überschreiben. Natürlich denkt man dabei sofort an die beiden vom Jazz inspirierten und dabei so unterschiedlichen Klavierkonzerte Maurice Ravels; neben dem exotischen und hintergründig heiteren Konzert G-Dur insbesondere an das dunkler gehaltene Konzert für die linke Hand D-Dur, das Ravel für den aufgrund einer Kriegsverletzung einarmigen Pianisten Paul Wittgenstein geschrieben hatte. Ausgangspunkt dieser Titulierung und Zentrum der in klangtechnischer Hinsicht wieder einmal einwandfreien Veröffentlichung aus dem Hause Ars Produktion ist allerdings die Weltersteinspielung von Florent Schmitts Konzert J’entends dans le lointain… aus dem Jahr 1929. Basierend auf dem ersten Lied aus den Gesängen des Maldoror von Lautrémont (1917) „Ich höre in der Ferne anhaltende Schreie des erschütterndsten Schmerzes“ thematisiert der Ravel-Freund Schmitt (1870-1958) darin menschliche Qual und Grausamkeit vor dem Hintergrund der Schrecken des 1. Weltkriegs. Ursprünglich für Klavier solo geschrieben, besticht die Konzertfassung mit einem ungemein reichen, aber immer durchsichtigen Orchestersatz, in dem analog zu den verschiedenen Motiven und Themen die Stimmen von Klavier und solistisch eingesetzten Orchesterinstrumenten kunstvoll miteinander verwoben sind. Die sehr sinnliche, teilweise auch rauschhafte und von klanglichen Eruptionen durchzogene Tonsprache dieses bewegenden Stücks Musik macht trotz mancher mir tröstlich erscheinender Momente Verzweiflung und Leid tatsächlich greifbar. Dem begegnen Vincent Larderet und das von Daniel Kawka geleitete Orchestre Symhonique Ose mit akustischer Sinnlichkeit und einer fesselnd unsentimentalen, aber höchst nuancenreichen Ausdruckstiefe, die, gepaart mit rhythmischer Akkuratesse und einer herrlichen Palette an Klangfarben auch ihre faszinierende Ravel-Sicht bestimmt. Ich nenne sie faszinierend, weil es für mich die einzige der einschlägigen Einspielungen ist, die neben den Referenzaufnahmen von Arturo Benedetti Michelangeli (Konzert D-Dur) aus dem Jahr 1957 und Krystian Zimerman von 1994 (beide Konzerte) uneingeschränkt bestehen kann. Es ist einfach verblüffend, mit welcher Ruhe und Besonnenheit Vincent Larderet nicht nur in lyrischen, sondern ebenso in rhythmisch extravaganten Passagen und in dunklen, aufwühlenden, bisweilen sogar albtraumhaften Momenten zu Werke geht und dabei ein Spiel von ihresgleichen suchender Spann- und Sogkraft entwickelt. Wie sorgsam und mit welch artikulatorischen Feinheiten er jede einzelne Phrase modelliert, wie zielsicher und gleichzeitig raffiniert er Akzente und agogische Finessen platziert und wie plastisch Tonmalereien eingesetzt werden – daran kann ich mich einfach nicht satthören. Und das Beste: Das Orchester spielt mit, ist ihm ein absolut ebenbürtiger Partner.
Das Piano Magazine hat in seiner Nr. 40 über den französischen Pianisten geschrieben: „Vincent Larderet strahlt einen farbigen, kraftvollen und überragend gemeisterten Stil aus. Da er immer nach Ausdruck sucht und das Herz der Musik berührt, ist sein Klavierspiel herausragend, edel und expressiv.“ Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.
Christof Jetzschke [07.12.2015]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Maurice Ravel | ||
1 | Klavierkonzert Nr. 2 D-Dur (Für die linke Hand) | 00:18:42 |
Florent Schmitt | ||
2 | J'entends dans le lointain... | 00:11:49 |
Maurice Ravel | ||
3 | Konzert G-Dur für Klavier und Orchester | 00:22:35 |
Interpreten der Einspielung
- Vincent Larderet (Klavier)
- OSE Symphonic Orchestra (Orchester)
- Daniel Kawka (Dirigent)