Challenge Classics CC72591
2 CD • 2h 31min • 2012
31.01.2014
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Franz Schrekers in den letzten Jahren des Ersten Weltkriegs geschriebener, im weitesten Sinne dem Märchen-Genre zugehörender Schatzgräber war eine der erfolgreichsten Opern seiner Zeit, erlebte zwischen der Frankfurter Uraufführung (1920) und der Machtergreifung der Nazis 385 Aufführungen in 50 Städten. Nach 1945 war das Werk – wie auch die anderen Bühnenstücke Schrekers – so gut wie vergessen. Erst in den 70er Jahren setzte auf deutschsprachigen Bühnen eine zaghafte Renaissance des Komponisten ein, der es vor 1933 verstanden hatte, sogar Richard Strauss den Rang abzulaufen.
Schreker, hier wie auch sonst sein eigener Librettist, war ein Mann mit ausgeprägtem Sinn für die Bühne. Die Geschichte vom fahrenden Sänger Elis, der mit seiner Wunderlaute verborgene Schätze ausfindig macht, ist in ihrer Mischung aus Sex & Crime und mit ihrem mittelalterlichen Kolorit reich an Spannung und theaterwirksamen Szenen. Und die Musik, über die der Kollege Arnold Schönberg nur die Nase rümpfen konnte, ist in ihrer die Tonalität immer wieder fantasievoll aufbrechenden Klangsinnlichkeit eine wahre Droge. Schreker hatte seinen Wagner studiert und doch eine ganz eigene Tonsprache gefunden, die von der Kunst des Fin-de-siècle maßgeblich beeinflusst war.
Bislang lag nur eine Aufnahme des Werkes offiziell auf Tonträgern vor (Capriccio, 1989), die wegen zahlreicher, durch die Hamburger Inszenierung bedingte Striche nur unter großen Vorbehalten zu empfehlen ist. Der jetzt bei Challenge Classics veröffentlichte Mitschnitt einer Aufführung aus Amsterdam ist zwar auch nicht komplett – die 2. und 3. Szene des 2. Aktes wurden eliminiert –, wahrt aber doch die Proportionen des Stücks.
Und sie trifft, jedenfalls im orchestralen Bereich, das Idiom Schrekers ziemlich genau. Marc Albrecht entfaltet mit dem Philharmonischen Orchester der Niederlande die reiche Farbpalette der Partitur in freigebiger Weise, ohne jedoch in Klangrausch zu verfallen. Gesungen wird allerdings nur mittelmäßig. Manuela Uhl mag als männermordende Wirtstochter Els auf der Bühne eine gute Figur gemacht haben, denn sie ist eine ausstrahlungsstarke Schauspielerin, besonders in den Tristan und Isolde nachempfundenen Liebesduetten mit dem Spielmann Elis (den Raymond Very ziemlich glanz- und schmelzlos singt) bleibt sie aber sinnliche Klangfülle schuldig. Auch im Textverständnis gibt es Defizite. Den nachhaltigsten Eindruck hinterlässt der Charaktertenor Graham Clark als Narr, dem nach der von ihm so ersehnten Heirat mit Els am Ende das Lachen vergeht.
Ekkehard Pluta [31.01.2014]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Franz Schreker | ||
1 | Der Schatzgräber |
Interpreten der Einspielung
- Tijl Faveyts (Der König - Baß)
- Alasdair Elliott (Schreiber - Tenor, Der Kanzler - Tenor)
- André Morsch (Der Graf - Bariton, Herold - Bariton)
- Kurt Gysen (Schultheiß - Baß, Der Magister des Königs, Leibarzt - Baß)
- Graham Clark (Der Narr - Tenor)
- Kay Stiefermann (Der Vogt - Bariton)
- Mattijs van de Woerd (Der Junker - Bariton)
- Raymond Very (Elis, fahrender Sänger und Scholar - Tenor)
- Andrew Greenan (Wirt - Baß)
- Manuela Uhl (Els, Tochter des Wirts - Sopran)
- Gordon Gietz (Albi, Knecht - Tenor)
- Peter Arink (Landsknecht - Baß)
- Cato Fordham (Erster Bürger - Tenor)
- Richard Meijer (Zweiter Bürger - Bariton)
- Netherlands Philharmonic Orchestra Amsterdam (Orchester)
- Marc Albrecht (Dirigent)