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Besprechung CD/SACD stereo/surround

J.S. Bach

Cantatas Vol. 55

BIS 2031

1 CD/SACD stereo/surround • 69min • 2013

17.01.2014

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 10

Klassik Heute
Empfehlung

„Es ist vollbracht!“, kann auch Masaaki Suzuki nach der Veröffentlichung der 55. CD seiner Gesamteinspielung der Kirchenkantaten Johann Sebastian Bachs ausrufen. Im Unterschied zu den Integralen seiner Kollegen Ton Koopman und John Eliot Gardiner ist ihm sein Schallplattenlabel von Anfang bis zum Ende der monumentalen Unternehmung treu zur Seite geblieben: Der finale Stoßseufzer kommt also der schwedischen Firma BIS ebenso zu, und auch der Dank der treuen Bewunderergemeinde, die seit 1995 immer wieder auf die neueste Folge gewartet hat und jetzt vielleicht ein wenig wehmütig Abschied von der regelmäßigen Bescherung nimmt.

In seinem englischen Vorwort zu dieser letzten Folge legt Masaaki Suzuki persönliche Bekenntnisse nieder, die den üblicherweise zu erwartenden Horizont eines Interpreten übersteigen und verdienen, an dieser Stelle zitiert zu werden, denn sie bringen eine Stellung zur Sphäre dieser Werke zum Ausdruck, die meiner Überzeugung nach für Bach die geistige Verankerung seiner gesamten Kunst gewesen ist und heute oft nicht mit ausreichendem Ernst gewürdigt wird (die Übersetzung ist vom Rezensenten, der bekennt, kein professioneller Übersetzer zu sein): „In aller Bescheidenheit stelle ich hier fest, dass J. S. Bach und ich an den selben Gott glauben. Ich bin mit der Musik Bachs direkt durch Gott verbunden. Ich bin zum Verständnis dessen gekommen, wie Bach an Gott glaubte, da Bach seinen inneren Glauben durch seine Kantaten niedergeschrieben hat. Das ist nicht nur für Bach allein; die Sammlung der Kantaten ist ein Schatz für alle Menschen, ein heiliges Buch der Religion und der Spiritualität. Sie müssen gesungen und für alle Zeit an kommende Generationen weitergegeben werden. Durch seine Jünger hat uns Gott die Bibel hinterlassen. In die Hände Bachs gab er die Kantate. Deswegen ist es unsere Mission, sie immer wieder aufzuführen: Wir sollen Gottes Botschaft durch diese Werke weitergeben und sie singen, um dem Ruhm Gottes Ausdruck zu verleihen. Soli Deo Gloria!“ Schöner und treffender ist der Charakter der Kantaten J. S. Bachs als klingende Verkündigung selten ausgedrückt worden.

Die drei Werke dieser CD entstammen dem Spätwerk J. S. Bachs und sind, wie so häufig Parodien früherer Kompositionen: Lobe den Herrn, meine Seele BWV 69 erklang vermutlich am 26. 8. 1748 zur Einführung des neuen Rats – der Gottesdienst zur feierlichen Amtseinführung fand jeweils am Montag nach Bartholomäi (24. 8.) in der Nikolaikirche statt. Als Vorbild für die „Ratswahlkantate 1748“ wählte Bach die gleichnamige Kantate für den 12. Sonntag nach Trinitatis aus dem ersten Kantatenjahrgang 1723 – obwohl dies die ältere Komposition ist, trägt sie heute die BWV-Nummer 69a. Freue dich, erlöste Schar BWV 30 ist für den Johannistag (24. Juni), wahrscheinlich des Jahres 1738 oder später, entstanden. Das großformatige zweiteilige Werk ist eine Umarbeitung der 1737 geschriebenen weltlichen Kantate Angenehmes Wiederau BWV 30a, die als repräsentative Huldigungsmusik anlässlich der Inbesitznahme des etwa 20 Kilometer südwestlich von Leipzig gelegenen Gutes durch seinen neuen Herrn Johann Christian von Hennicke am 28. September 1737 geschrieben wurde. In diesem Fall – das gilt auch für andere Werke, die zu geistlichen Kompositionen umgearbeitet wurden – hat Bach sicher gern musikalisches Material, das für einmalige Anlässe entstanden war, für Kirchenfeste verwendet, die alljährlich wiederkehrten, sich auch in Abschriften verbreiten und so sein Renommé als Komponist mehren konnten.

Die Stärkung seines Ansehens hatte nicht zuletzt als Motiv hinter der Komposition der Messe in h-Moll BWV 232 gestanden, mit der sich Bach 1733 Friedrich August II., dem neuen sächsischen Kurfürsten und polnischen König, empfehlen wollte. Drei Sätze aus dem Gloria fügte Bach zu seiner weihnachtlichen Festmusik Gloria in excelsis Deo BWV 191 zusammen. Möglicherweise ist das Werk für den Gottesdienst am ersten Weihnachtstag 1745 entstanden. Dieses Weihnachtsfest wurde in der Stadt mit besonderer Dankbarkeit begangen, hatte der Herbst doch eine preußische Besetzung der Stadt im Zuge des Zweiten Schlesischen Krieges gebracht, der gerade an diesem Weihnachtstag mit der Unterzeichnung des Dresdner Friedens beendet wurde. Bach hat die Invasion natürlich selbst miterlebt und schrieb noch drei Jahre später seinem Vetter in Schweinfurt davon: „Mein Sohn in Berlin hat nun schon zwei männliche Erben, der erste ist ungefähr um die Zeit geboren, da wir leider! die preußische Invasion hatten …“

In den 18 Jahren, während derer Masaaki Suzukis Gesamtaufnahme der Bach-Kantaten entstanden ist, hat sich viel getan im Diskurs über Bachs Kantatenwerk, und das hat in diesem Projekt auf die eine oder andere Weise seine Spuren hinterlassen. Die wache Teilnahme an der Suche nach dem Königsweg in der Bach-Interpretation zeichnet Masaaki Suzuki ebenso aus wie die Tatsache, dass er sein Ziel, mit dem er 1995 aufgebrochen ist, nie aus den Augen verloren hat – sein eigenes Schlusswort liefert dafür ein beredtes Zeugnis ab.

Das Solistenquartett dieser letzten Folge ist bereits ein seit einigen Folgen gut eingesungenes Team – der Bassist Peter Kooij hat Suzukis Projekt seit der ersten CD die Treue gehalten; er adelt auch den Abschluss mit noblem Timbre und makelloser Textverständlichkeit. Etwas problematische Schärfen in seiner Stimme zeigt der Altus Robin Blaze, hier hätte Damien Giuillon, der in Folge 54 mitgewirkt hat, vielleicht ein sanfteres Timbre beigesteuert.

Detmar Huchting [17.01.2014]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Johann Sebastian Bach
1Lobe den Herrn, meine Seele BWV 69 (Kantate) 00:19:05
7Freue dich, erlöste Schar BWV 30 (Kantate) 00:34:17
19Gloria in excelsis Deo BWV 191 (Kantate) 00:14:19

Interpreten der Einspielung

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