Franz Liszt
Hungarian Rhapsodies
cpo 777 797-2
1 CD • 70min • 2012
19.08.2013
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Wenn ich endlich verstanden habe, worum es sich bei dem vielbeschworenen „Doppler-Effekt" wirklich handelt, so habe ich das Martin Haselböck, seinem Orchester Wiener Akademie und dem gegenwärtigen Programm zu verdanken, das die Landschaft der Ungarischen Rhapsodien mit einem derartigen Hochdruck gereinigt hat, dass mir zunächst schier die Worte fehlten. Was um des seligen Franziskus aus Raiding willen, hat man uns denn da eigentlich immer serviert, wenn diese Piècen als Zugaben oder populäre Rausschmeißer gespielt, wenn Paprika, Puszta, Pálinka beschworen und die Auditorien zu wildestem Beifall motiviert werden sollten?
Nach fünf Viertelstunden und sechs vermeintlichen Salonstücken ahne ich, dass die von den zwei Franzen (Liszt und Doppler) eingerichteten Rhapsodien mit ihren späteren Repertoire-Ausgaben so viel zu tun haben wie etwa Modest Mussorgskys Nacht auf dem kahlen Berge mit Nikolai Rimsky-Korssakoffs wohlmeinender Abendstimmung auf frisch gemähtem Hügel. Nichts nämlich, was Haselböck und sein spezielles Ensemble uns hier als „The Sound of Weimarì" auftischen, ähnelt auch nur von weitem den „Normalversionen", mit denen man uns gemeinhin zu traktieren pflegt. Alles klingt erfrischend schräg, ungewöhnlich und ungewohnt, völlig anders (was macht zum Beispiel die Trompete am Anfang der zweiten Rhapsodie?) und im vergnüglichen Sinne „kaputt": So hätte es in Weimar zugehen können, wenn man sich nicht mit der mürben Besetzung hätte bescheiden müssen, von der zeitgenössische Quellen erzählen. Der Zugewinn an Transparenz, die Beweglichkeit der einzelnen Gruppen, die Eleganz der verführerischen Haupt- und Nebenstimmen, Schmachten, Schmiß und Schmonzetten bewegen sich auf einem Niveau, das ich als Entdeckung nicht im marktschreierischen Sinne, sondern in des Wortes eigentlicher Bedeutung bezeichnen möchte: Die Staubdecke, die sich im Laufe von anderthalb Jahrhunderten in allen Winkeln dieser Partituren gebildet hat, wird mitsamt ihren scheinbaren Verbesserungen radikal entfernt – und man entdeckt, sprich enthüllt, dem staunenden Gemüt die Ursprünglichkeit eines entfesselten Prometheus, der eben doch ein Großer war – und das auch dort, wo er mit seinen folkloristischen Fundsachen jonglierte.
Es müßte schon mit allen finsteren Mächten zugehen, wenn diese Einspielung nicht auch mit einem Grand Prix der Internationalen Schallplatten-Akademie Franz Liszt ausgezeichnet würde wie schon zwei der fünf Produktionen, die in den letzten Jahren den „Sound of Weimar" mit überwältigenden Resultaten an den Tondichtungen ausprobierten und durch die Bank eine jener renommierten Auszeichnungen hätten haben sollen. Diesen noch bei NCA mit zurückhaltender Promotion herausgebrachten CDs, bei denen es sich um nichts weiter als die Neubewertung der „Programmmusik" handelt, sollte cpo möglichst bald auch die Faust-Sinfonie und die gesamte Palette der Klavierkonzerte folgen lassen: Nach allem, was ich bisher habe hören können, läuft das auf eine Renaissance hinaus ...
Rasmus van Rijn [19.08.2013]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Franz Liszt | ||
1 | Ungarische Rhapsodie Nr. 1 F-Dur | 00:12:08 |
2 | Ungarische Rhapsodie No. 2 d minor for Orchestra – Andante moderato | 00:11:01 |
3 | Ungarische Rhapsodie Nr. 3 D-Dur | 00:09:18 |
4 | Ungarische Rhapsodie Nr. 4 d-Moll | 00:13:23 |
5 | Ungarische Rhapsodie No. 5 e minor (1853) | 00:10:32 |
6 | Hungarian Rhapsody No. 6 D flat major S 244/6 | 00:14:00 |
Interpreten der Einspielung
- Wiener Akademie (Orchester)
- Martin Haselböck (Dirigent)