
BIS 2047
1 CD/SACD stereo/surround • 73min • 2011
05.03.2013
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Ob Früh- oder Spätwerk, ob Sonaten, Variationszyklen oder Kleinformen, ob introvertierte oder eher extrovertierte Schöpfungen – eine Konstante durchzieht das gesamte Klavierschaffen von Johannes Brahms: das Miteinander von Formenstrenge, klassischen Zügen und romantisch Fantasiehaftem, verbunden mit diesem unverkennbaren brahmsschen orchestralen Klang. Brahms ist immer Romantiker und besonnener Architekt in einem, hält stets Poesie, Virtuosität und dramatische Kraft in Balance. Unter diesem Gesichtspunkt trifft Jonathan Plowright genau diesen typischen Brahms-Klang oder -Tonfall; eine große Farbpalette präsentierend beweist der Brite ein feines Gespür für das Orchestrale, glasklar und detailgenau artikulierend sowie rhythmisch präzise beleuchtet er die Architektur des jeweiligen Werks auf überzeugende Weise und hält das poetische, dramatische und virtuose Moment tatsächlich im Gleichgewicht.
Und dennoch enttäuscht Plowrights Brahms-Einspielung. Zu kontrolliert und abgeklärt nimmt er die monumentale f-Moll-Sonate op. 5 aus dem Jahr 1853. Nicht, dass ich Losstürmendes oder gar Beifallheischendes erwartet hätte von einem Künstler, den die Zeitschrift Grammophone „als einen der besten Pianisten der Gegenwart" feiert. Aber wo sind beispielsweise die aufbegehrenden Emotionen des so zerklüfteten Kopfsatzes, wo der dämonische Zug des Scherzo, wo die fast schon eisige Trauer des Intermezzo? Und das eigentlich einer dem Irdischen enthobenen Klangwelt angehörende Andante espressivo klingt mir einfach zu erdverbunden, zu akademisch; auch ist kaum etwas zu spüren von der wunderbaren Liedhaftigkeit dieses Satzes. Hier fehlt ganz offensichtlich der Mut zu einer wahrhaft leidenschaftlichen Lesart, nach der diese „Jugend"-Sonate aber geradezu schreit. Den Händel-Variationen op. 24 (1861) bekommt Plowrights beherrschte Brahms-Annäherung schon eher. Gekonnt fängt der rein technisch über jeden Zweifel erhabene Brite deren Stimmungsreichtum ein, auch gelingen ihm sehr plastische Klang- und Charakterwechsel. Trotzdem klingen der barocke Gestus, die kontrapunktische Kunst und die typische Brahms-Romantik viel zu buchstabiert; die Beziehungen der Variationen untereinander, den großen Bogen bzw. die großräumige Architektur hat Jonathan Plowright leider nicht im Blick. Schade.
Christof Jetzschke [05.03.2013]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johannes Brahms | ||
1 | Klaviersonate Nr. 3 f-Moll op. 5 | 00:42:17 |
6 | Variationen und Fuge über ein Thema von Georg Friedrich Händel B-Dur op. 24 | 00:29:33 |
Interpreten der Einspielung
- Jonathan Plowright (Klavier)