Johann Sebastian Bach Suites for Solo Cello
BIS 1783
1 CD/SACD stereo/surround • 65min • 2009, 2010
01.10.2010
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Die Frage nach der Motivation und Legitimation von Instrumental- oder Vokalbearbeitungen wurde, zumal für die oft arrangierte Musik Johann Sebastian Bachs, so oft gestellt und widersprüchlich beantwortet, dass sie schon seit langem schal wirkt. Als Konsens zeichnet sich ab, dass man bearbeiten darf und es ohnehin tut, wenn man als Spieler eines Instruments mit kleinem genuinen Repertoire oder als Leiter eines Ensembles eben ein Interesse an einer solchen hat; ferner, dass man sich hierbei auch auf Bachs eigene Praxis berufen kann. Jeder Hörer wird schließlich umso mehr einer Bearbeitung zustimmen, wenn sie den Werken ein bislang noch nicht gehörtes Moment hinzufügt.
Für die hier vorgelegte Umwidmung dreier Suiten für Violoncello solo Bachs auf die Viola durch Simon Rowland-Jones wird eine Einschätzung des letzteren Aspekts nicht objektiv gegeben werden können, zumindest weniger üüberzeugend als im Falle von Orchesterbearbeitungen, wo die Ergänzungsleistungen schon wieder tendenziell eigene künstlerische Qualität erhalten. Zwar behalten die Arrangements die von Bach bewusst eingesetzten Effekte für die leeren Saiten bei, und der vorzügliche Bratscher Maxim Rysanov weiß diese natürlich hinreißend einzusetzen; ob aber die einstimmigen Linien an Attraktivität gewinnen, wenn sie von der satten Bassregion in die matte Lage der Viola transponiert werden, ist zumindest fraglich. Man braucht nicht die alten und von vielen Komponisten und noch zahlreicheren Virtuosen widerlegten Vorurteile gegen das Instrument heraufzubeschwören - dass aber die Bratsche nun einmal weder den melodiösen Schmelz der Violine noch die erdige Sonorität des Violoncellos zur Verfügung hat, wird aber wohl kaum jemand leugnen wollen.
Angesichts solcher Vorzeichen ist es aber doch überraschend, zu welcher Präsenz Maxim Rysanov das Instrument führt, wenngleich er vielleicht auf Dauer einen Tick zu markig definiert. Man höre etwa die Schlussentwicklung des Präludiums der 5. Suite c-Moll BWV 1011, in welcher die Viola zu einer geradezu furiosen Wut getrieben wird, die schön erdige Gesangsqualität der Sarabande aus der 4. Suite Es-Dur BWV 1010 oder aber das geradezu ätherische Präludium der 1. Sonate G-Dur BWV 1007, das auch der eleganteste Cellist so nicht hinkriegt: In diesen Momenten gerät vollkommen in Vergessenheit, dass hier ein fremdes Instrument spielt, und man ist froh, dass die Viola nicht in der Orchestermitte versteckt ist. An der natürlichen und dennoch analytisch gliedernden Phrasierung könnten sich übrigens auch viele Cellisten ein Beispiel nehmen. Hingegen ist das Klangbild vielleicht auch für die BIS-Tontechniker ein wenig zu hallig geraten.
Prof. Michael B. Weiß [01.10.2010]
Anzeige
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
1 | Suite No. 4 E flat major BWV 1010 for Violoncello solo | 00:23:05 |
7 | Suite No. 5 c minor BWV 1011 for Violoncello solo | 00:24:30 |
13 | Suite No. 1 G major BWV 1007 for Violoncello solo | 00:16:38 |
Interpreten der Einspielung
- Maxim Rysanov (Viola)