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Besprechung CD

Challenge Classics CC72309

1 CD • 57min • 2008

26.03.2009

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 5
Klangqualität:
Klangqualität: 7
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 5

„Meine Herren, der alte Bach ist gekommen!“, unterbrach Friedrich der Große „mit einer Art von Unruhe“ im Mai 1747 das abendliche Konzert – „…die Flöte wurde hierauf weggelegt, und der alte Bach, der in der Wohnung seines Sohnes abgetreten war, sogleich auf das Schloss beordert.“ So schildert Bachs erster Biograph Nikolaus Forkel die Szene. Die Geschichte von dem königlichen Fugenthema, das Bach „sogleich ohne alle Vorbereitung“ und zur Friedrichs Bewunderung ausführte und im Nachhinein zu einer Widmungskomposition ausarbeitete, deren Übersendung der König nie eines Dankeswortes gewürdigt hat, ist hinlänglich bekannt. Schwer zu erraten sind die Gründe der königlichen Undankbarkeit: War es die übliche Achtlosigkeit der Prominenz (die hier nicht so recht zu der von Forkel überlieferten „gewissen Art von Unruhe“ passen will), war es die Antipathie Friedrichs gegen seinen Kammercembalisten Carl Philipp Emmanuel Bach (an den der König in über 25 Dienstjahren kaum je das Wort gerichtet hat und den er offensichtlich nur wegen seines Namens und wegen seiner staunenswerten Virtuosität engagiert hat – so, wie man ein seltenes Sammlerstück in seinen Besitz bringt, selbst ohne es besonders zu mögen), oder war es königlicher Ärger über die außerordentliche Kunstfertigkeit, mit der Bach alle Probleme des verzwickten Themas löste? Friedrichs Musikgeschmack war weder besonders modern noch besonders altmodisch – die Majestät mochte es simpel, galant und wohltönend und war somit vermutlich den kontrapunktischen Künsten des alten Bach gegenüber genauso abgeneigt wie der vorausweisenden Neutönerei des Sohnes. Carl Philipp hat den Dienst bei Friedrich dem Großen als Fron empfunden und sich später besonders darüber beklagt, dass er in seinen Kompositionen für den Hof auf eine konventionell-galante Bahn eingeengt wurde, um den Geschmack des Königs nicht durch zuviel alte Künste oder neue Spekulationen zu verletzen. Es ist gut denkbar, dass der Vater während seines Besuches von den Sorgen des Sohnes erfahren hat und sich mit der besonderen Kunstfertigkeit seines musikalischen Resümees der Berliner Reise auch ein wenig am König rächen wollte; so erfährt die Überschrift über einem Kanon „notulis crescentibus crescat regis fortuna“ (mit wachsenden Notenwerten wachse des Königs Glück) eine andere, etwas maligne Bedeutung.

Ton Koopman gehört unabweislich zu den bedeutenden Bach-Interpreten der letzten Jahrzehnte, überdies hat er Mut bewiesen, indem er das von Erato einmal begonnene Projekt der Gesamteinspielung der Bach-Kantaten auf eigene Faust weiterführte, als der Warner Konzern nach dem Erwerb von Erato diesem Vorhaben keine Priorität mehr einräumen wollte. Kein Zweifel: Ton Koopman hat sich um die Pflege des Werkes von Johann Sebastian Bach auf Tonträgern Meriten erworben! Der Rezensent hat verschiedentlich Gelegenheit gehabt, dem verdienstvollen Wirken Ton Koopmans ehrlichen Respekt zu zollen.

Um so bitterer kommt es mir jetzt an, sagen zu müssen, dass mir für die meisten interpretatorischen Entscheidungen dieses Musikalischen Opfers jedes Verständnis abgeht. Ton Koopmans ungetrübte Spielfreude ist allgemein bekannt und sein gelegentlich ausufernder Spaß an der Ornamentierung konnte manchmal etwas irritierend wirken, jedoch den Gesamteindruck seiner Interpretationen nicht wirklich trüben. Hier ist der Eindruck ein anderer: Gleich im dritten Takt des eröffnenden Ricercars ein irritierendes jeu inégal, das die darauf folgende Ornamentskaskade desto verstörender erscheinen lässt. Und das Cembalo bleibt unabweisbar die Königin dieser Einspielung; die vorzüglichen Instrumentalsolisten werden nicht nur auf dem Titelblatt der CD zu „Mitgliedern des Amsterdam Baroque Orchestra" degradiert. Mit lautem Acht-Fuß-Register und dem üblichen Verzierungsaufwand rückt Koopman sie in den Ensembleszenen in den Hintergrund, und auch der Tonmeister folgt der Stimme seines Herrn: Das Cembalo sitzt immer ganz vorne auf der Ohrmuschel, hinterdrein folgen brav die übrigen Instrumente. Im abschließenden sechsstimmigen Ricercar darf das Ensemble sich entfalten – und tut es in einer Konzentration, die an den Geist einer Fantazia von Purcell denken lässt. Doch das bleibt nicht das letzte Wort dieser CD: Wir bekommen dasselbe Stück noch einmal im Cembaloduett von Ton Koopman und seiner Frau serviert – was gibt es da noch mehr zu sagen!

Detmar Huchting [26.03.2009]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Johann Sebastian Bach
1Das Musikalische Opfer BWV 1079

Interpreten der Einspielung

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