Joseph Marx Symphonic Music
cpo 777 320-2
1 CD • 63min • 2007
30.12.2008
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Wie soll man sich einer Musik nähern, deren vielschichtige und planvolle Gestaltung beinahe unentwegt von ekstatischer Sinnlichkeit überwuchert wird, deren Wirkung auf den Hörer wichtiger zu sein scheint als ihr kompositorischer Rang? Kann man ihr überhaupt gerecht werden? Joseph Marx (1882-1964), der vornehmlich von der Natur inspirierte „Retter der Tonalität“ oder „bedeutendste Lyriker der österreichischen Musik des 20. Jahrhunderts“, hat gerade mit dem spätromantisch-impressionistischen Klangrausch in seinen hier eingespielten sinfonischen Kompositionen eine solche Musik geschaffen; eine Musik, in der man sich nur zu leicht verlieren kann. Feste im Herbst, die Umarbeitung des vierten Satzes der monumentalen Herbstsymphonie (1921) zu einer eigenständigen und klar strukturierten, Sensorisches und Deskriptives vereinenden sinfonischen Dichtung aus dem Jahr 1946, ist auf dieser CD das Werk, in dem man sich noch am ehesten zurecht findet. Zu danken ist dies dem blendend disponierten Radio-Symphonieorchester Wien unter der Leitung von Johannes Wildner. Meisterlich durchleuchtet der Österreicher den kompakten Tonsatz abseits rein äußerlicher instrumentaler Koloristik. Mit den sensibel artikulierenden und phrasierenden Wienern trifft er ebenso instinktsicher den passenden Tonfall in der selbst dem geübten Hörer nur wenige Orientierungspunkte bietenden Frühlingsmusik (1925). Das fortwährend funkelnde, permanent zwischen lyrisch-meditativen Momenten und triumphalen Tutti-Höhepunkten pendelnde Stück wirkt in Wildners Deutung wie eine einzige Durchführung ineinander sich schlingender Themen. Betörend, stellenweise geradezu narkotisierend, so gibt sich auch die zauberische Idylle (1925), deren Nähe zu Debussys Prélude à l’après-midi d’un faune unverkennbar ist. Das hervorstechende Merkmal dieses schwärmerisch-pastoralen Stimmungsgemäldes ist die solistische Verwendung der Holzblasinstrumente, die den exzellenten Holzbläsern des RSO Wien reichlich Gelegenheit gibt, mit einer sehr flexiblen Tonformung zu glänzen.
Doch was macht nun die Musik dieser drei sinfonischen Werke aus? Auf der einen Seite steht Joseph Marx’ sich vor Franz Liszt, Gustav Mahler und Richard Strauss tief verbeugende souveräne kompositorische Handschrift mit ihrem Gespür für Proportionen innerhalb einer ausufernden, schwelgerischen, melodien-, farb- und empfindungsreichen Musik – manch großen, wenn auch Jahrzehnte später entstandenen, sinfonischen Filmmusiken eines Erich Wolfgang Korngold, Miklós Rózsa, Max Steiner oder Franz Waxman nicht unähnlich; ferner ein überlegener Umgang mit einem ungemein üppigen Orchesterapparat. Andererseits können diese Tongemälde eine gewisse Ziellosigkeit und einen oftmals fehlenden – oder vielleicht nur nicht erkennbaren – inneren Zusammenhang kaum verleugnen. Trotzdem: Eine Aufnahme, die Lust macht, sich nicht nur mit dem bekannten Liedschaffen von Joseph Marx, sondern auch mit dessen sinfonischen Schöpfungen näher zu befassen.
Christof Jetzschke [30.12.2008]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Joseph Marx | ||
1 | Eine Frühlingsmusik | 00:23:09 |
2 | Idylle | 00:15:40 |
3 | Feste im Herbst | 00:24:17 |
Interpreten der Einspielung
- Radio-Symphonieorchester Wien (Orchester)
- Johannes Wildner (Dirigent)