cpo 777 367-2
3 CD • 2h 54min • 2007
31.07.2008
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Die sonst so liebenswürdige Göttin Venus benimmt sich in diesem Stück recht uncharmant. Weil das Mädchen Psyché ihr den Rang als Schönheitskönigin abzulaufen beginnt, verfolgt sie die junge Dame auf grausamste Art. Noch dazu verliebt sich ihr Sohn Amor in die „Irdische“, womit für Krach im olympischen Haushalt gesorgt ist. Pantoffelheld Jupiter hilft mit weisem Rat aus: er erhebt Psyché in den Rang einer Göttin, damit ist Venus zufriedengestellt und der Verbindung steht nichts mehr im Weg. Ein bald trauriges, bald beschwingt-heiteres Spiel um Liebe und Eifersucht, um Standesdünkel und Intrige, wie in alten und neuen Tagen.
Lullys fünfaktige „Tragédie en musique“ nach einem Libretto von Thomas Corneille führt uns in ein wahres Zauberreich hinein. Drei Stunden herrlich-verklärte Musik, voll Poesie und Leuchtkraft. Erstaunlich, welchen Reichtum an Stimmungen diese Komposition trotz ihrer Beschränktheit auf ein relativ enges Tonsystem auszudrücken vermag. Als Hörer fällt es einem leicht, sich die Fabelwelt der Dekorationen, Verwandlungen und Tänze aus der Zeit des Sonnenkönigs zu imaginieren. Wer darauf verzichten will, kann immerhin in wunderbaren Klängen schwelgen. Eine Merkwürdigkeit des auf französischen Text vertonten Werks besteht darin, daß bei der großen Trauerszene im ersten Akt plötzlich italienisch gesungen wird. Vielleicht eine Rückbesinnung des Komponisten auf seine italienische Herkunft.
Lullys Psyché (in der Version von 1678) wurde im Juni 2007 beim Boston Early Music Festival szenisch aufgeführt, eine Produktion von allerhöchster künstlerischer Qualität. Allein der Name Paul O’Dette bürgt für den eminenten Rang der Wiedergabe. Der berühme Lautenist und sein Kollege Stephen Stubbs teilen sich die Direktion der Aufführung und wirken auch im vorbildlich homogenen Instrumental-Ensemble mit. Dazu ein erlesenes Sängerensemble. Rund 25 Mitwirkende und kaum ein schwacher Punkt darunter. Es sind keine „goldenen“ Namen, die da genannt sind. Aber was Carolyn Sampson, die Sängerin der Psyché, Karina Gauvin als Venus bieten, ist wahre Hohe Schule des Singens, stilistisch rein bis in die vokalen Fingerspitzen. Dazu Yulia van Doren, die Tenöre Aaron Sheehan und Colin Balzer, der Altist Ricard Bordas – nebst vielen anderen – ein Reigen wohltönender, wunderbar geschulten Stimmen. Hier bestätigt sich die Erfahrung, daß derzeit die besten Stimmen auf dem Feld der Alten Musik zu finden sind. Auch der Chor ist für seine herausragende Leistung zu loben.
Lullys Psyché (merkwürdigerweise in der Piper-„Enzyklopädie des Musiktheaters" nicht aufzufinden) ist ein in jeder Hinsicht groß zu nennendes Werk, die Wiedergabe eine Bereicherung der seltenen Art, ein Juwel unter den neueren Opernproduktionen. Die Präsentation erfolgt mustergültig, mit Textabdruck und gehaltvollem Kommentar im Beiheft.
Clemens Höslinger [31.07.2008]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Jean-Baptiste Lully | ||
1 | Aimons sans cesse LWV 45 |
Interpreten der Einspielung
- Carolyn Sampson (Psyché - Sopran)
- Karina Gauvin (Venus - Sopran)
- Aaron Sheehan (L' Amour - Tenor)
- Collin Balzer (Vulcain - Tenor)
- Amanda Forsythe (Aglaure - Sopran)
- Mireille Lebel (Cidippe - Mezzosopran)
- Yulia van Doren (Femme Affligée - Sopran)
- Olivier Laquerre (Le Roy - Baß)
- Jason McStoots (Zephire - Tenor)
- Matthew Shaw (Jupiter - Bariton)
- Aaron Engebreth (Lychas - Bariton)
- Ricard Bordas (Bacchus - Countertenor)
- Teresa Wakim (Flore - Sopran)
- José Lemos (Silene - Countertenor)
- Boston Early Music Festival Chorus (Chor)
- Boston Early Music Festival Orchestra (Orchester)
- Paul O'Dette (Dirigent)
- Stephen Stubbs (Dirigent)