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Besprechung CD

Georg Friedrich Händel

Italian Cantatas & Arias

cpo 555 616-2

1 CD • 76min • 2023

30.06.2025

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 9
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Nachdem die Opern Georg Friedrich Händels mittlerweile wieder Einzug ins Repertoire gefunden haben, rückt langsam sein weiteres dramatisches Schaffen in Form der Kammerkantaten in den Fokus der Interpreten. Amanda Forsythe und Opera Prima haben sich mit Armida abbandonata und Agrippina condotta a morire zwei seiner dramatischen vier Frauenporträts ausgesucht zu denen auch die häufig eingespielte Lucrezia sowie Ero e Leandro gehören. Diese werden durch Arien der Bellezza und des Piacere aus Il Trionfo del Tempo – seinem frühesten Oratorium – ergänzt und mit zwei Sonaten umspielt.

Vollendung in Rom

Händel kam 1706 oder Anfang 1707 nach Rom und wurde schnell durch die Protektion des päpstlichen Heerführers Francesco Maria Ruspoli (1672-1731), später Fürst von Cerveteri, in die kulturelle Szene der Stadt aufgenommen. Die Kardinäle Pietro Ruspoli und vor allem Pietro Ottoboni (1667-1740) spielten dabei als einflussreiche Mäzene eine weitere zentrale Rolle. Ottobonis „Accademia“ im Palazzo della Cancelleria war ein pulsierender Treffpunkt für Musiker, Dichter und Intellektuelle. Dort fanden regelmäßig Konzerte und literarische Veranstaltungen statt. Die Accademia förderte die Formen der italienische Dichtung, die eine zentrale Voraussetzung für die musikalischen Gestaltung für Kantaten und Opernlibretti bildeten. Komponisten wie Arcangelo Corelli und Alessandro Scarlatti, die ebenfalls mit der Accademia verbunden waren, lieferten Vorbilder, die Händels Kompositionen inspirierten. Diese Dichtung war geprägt von dramatischen und affektgeladenen Themen, die durch die Musik in ihren Emotionen noch verstärkt wurden. Später wurde Pietro Metastasio, dessen Libretti die italienische Seria bis ins späte 18. Jahrhundert prägten, ein prominenter Akteur in diesem Umfeld, obwohl er erst nach Händels Zeit in Rom an Bedeutung gewann. Seine Werke, bekannt für ihre poetische Klarheit und dramatische Struktur, setzten Standards für die Opera Seria, auf die Händel sich mit seinen Kantaten aus der italienischen Zeit quasi vorbereitete. Kantaten wie Armida abbandonata (HWV 105, 1707) und Agrippina condotta a morire (HWV 110, 1708), komponiert für Ottobonis Accademia, spiegeln diesen Einfluss wider. Armida abbandonata, basierend auf Tassos Gerusalemme liberata, zeigt dramatische Rezitative und virtuose Arien, die die poetische Intensität des Textes unterstreichen. Agrippina condotta a morire porträtiert Agrippinas Verzweiflung mit starken Kontrasten und einem expressiven Basso continuo. Ottobonis Unterstützung sicherte Händel zudem Zugang zu erstklassigen Sängern, was seine kompositorische Entwicklung förderte. Speziell diese beiden Kantaten zeigen, wie schnell Händel sich die sprachlichen und musikalischen Idiome Italiens anzueignen verstand.

Spannungsvolle Werke stilsicher interpretiert

An der Kompetenz Amanda Fortsythes und dem Ensemble Opera Prima unter Leitung des Gambisten Christiano Contadin kann nicht gezweifelt werden, wenn man hört, wie lustvoll hier Händels Instrumentalwerke in der Manier Arcangelo Corellis verziert werden. Die dabei gezeigte Selbstverständlichkeit ist ein schönes Zeichen einer Virtuosität, die es nicht nötig hat, sich zur Schau zu stellen. Amanda Forsythe gestaltet die Rezitative farbenreich und ist immer im richtigen Affekt. Allerdings liegt die wohl für einen Mezzosopran-Kastraten im Umfang von c1-as2 konzipierte Armida für sie – selbst in der für Rom absolut unhistorischen Mailänder Stimmung von 440 Hz – arg tief, was sie geschickt durch Hochoktavierungen statt des eigentlich historischen Einsatz des Brustregisters kaschiert, damit dem Werk aber einiges an dramatischer Wucht schuldig bleiben muss. Rom stimmte damals nämlich einen Ganzton tiefer auf ca. 392 Hz. Agrippina und die Sopran-Arien aus Il Trionfo liegen ihr wesentlich besser in der Stimme. Mit den perlenden Triolen in Orrida, oscura und vielen improvisierten Ornamenten erweist sie sich als veritable Virtuosa.

Die Aufnahmetechnik macht mit einem warmen und dabei transparenten Klangbild alles richtig. Der Booklet-Text von Ellen T. Harris bietet eine lobenswert ausführliche Hinleitung auf das Klanggeschehen.

Fazit: Eine sehr gelungene Aufnahme von Händel-Raritäten, der allerdings wegen des falschen Stimmtons die volle Punktzahl verwehrt bleibt.

Thomas Baack [30.06.2025]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Georg Friedrich Händel
1Armida abbandonata HWV 105 für Sopran, 2 Violinen und Basso continuo (Kantate) 00:15:45
8Sinfonia B-Dur HWV 339 für 2 Violinen und B.c. 00:10:24
11Agrippina condotta a morire HWV 110 (Dunque sarà pur vero, Kantate) 00:23:22
24Trio Sonata A-Dur op. 5 Nr. 1 HWV 396 00:08:50
27Il trionfo del tempo e del disinganno HWV 46a (Oratorio) 00:15:01

Interpreten der Einspielung

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