Vivaldi's Five Seasons
cpo 777 366-2
1 CD • 59min • 2007
18.06.2008
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Seit der Drucklegung (1725) von Vivaldis Le Quattro Stagioni op. 8 als Werkzyklus von vier Violinkonzerten nehmen diese anschaulich-programmatischen Concerti eine musikgeschichtliche Vorzugsstellung ein. Seit den ersten Aufführungen bei den Pariser Concerts spirituels 1728 gehören sie zum Standard der berühmten Virtuosen bis hin zu Anne-Sophie Mutter und dem umschwärmten „Rockgeiger“ Nigel Kennedy. Parallel dazu erlebten die barocken Frühlings- bis Winterschilderungen eine Fülle von Bearbeitungen: 1765 wurde daraus ein Laudate Dominum von Michel Corette oder 1775 ein von Jean-Jacques Rousseau eingerichtetes Flötensolo. In jüngster Zeit sorgte die Günter-Noris-Combo mit Cembalo-Improvisationen für eine jazzige Swing-Version, bis dem virtuos-progressiven Saxophonquintett Quintessence jetzt ein offensichtlich besonders glanzvoller Coup glückte – die kühne Stilisierung im Modern-Jazz-Sound.
Das Ergebnis vermag selbst musikbesessene Halb- und Nichtjazzer vom Stuhl zu reißen, sofern sie sich ohnehin nicht schon nach den ersten Frühlingstakten (mit vogelzwischerndem Sopransaxophon-Duett) zu Standing Ovations entschlossen haben sollten. Aber auch für eingeschworene Barockfreunde lohnt das Zuhören, weil sie eine ideenreich-lockere Umformung des Originals zu hören bekommen. Zum wiederholten Male qualifiziert sich Uli Lettermann, der Stimmführer der Gruppe, als ein Meister der Erfindungskunst, ist gut für raffinierte Harmonisierungen, Rhythmisierungen und Satztechniken bei der sachkundigen Stilisierung der Originalvorlagen. Bewußt werden die Grenzen zwischen Arrangement und Eigenkomposition aufgehoben. Gleichzeitig provoziert er seine Mitinterpreten zu Bestleistungen an Können und temperamentvoller Animation. Der Zuhörer spürt und genießt es, um so mehr, je intensiver er mit den Werken vertraut ist. Wer also den Reiz des Lauschangriffs erhöhen will, ist gut beraten, vor jedem Einzelsatz eine CD mit dem ursprünglichen Vivaldi aufzulegen.
Wer selber Saxophon spielt, darf nicht verzagen, wenn er die unglaublichen Stakkato-Attacken, Verzierungen und Figurationen (Vivaldis und der Quintessence-Bläser), gepaart mit einem perfekten Jazzfeeling in Solopassagen und Bigband-Sätzen neidlos als unnachahmlich anerkennen muß. Unüberhörbar setzen die fünf Perfektionisten hier ihren ohnehin mit Erfolgen gepflasterten Weg fort und bieten mit dem Beitrag einer fünften Jahreszeit des Autors Lettermann als Paraphrase eines Vivaldischen Concerto grosso eine Zugabe der Extraklasse (Track 13-15). Jeder der glorreichen Fünf, hier neu und durchgehend besetzt mit zwei Sopransaxophonen, Alt-, Tenor- und Baritonsax, erweist sich als ein zweiter Charlie Parker, wo und wann auch immer ein improvisierter Chorus fällig ist. Super!
Dr. Gerhard Pätzig [18.06.2008]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
1 | The four seasons op. 8 | 00:46:10 |
Uli Lettermann | ||
13 | The 5th season (nach Vivaldis Vier Jahreszeiten) | 00:12:52 |
Interpreten der Einspielung
- Quintessence Saxophone Quintet (Ensemble)