gutingi 239
1 CD • 64min • 2006
13.03.2008
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Caroline Doerges Bach-, Beethoven- und Liszt-Einspielungen aus dem Jahr 1995 (erschienen bei Thorofon) sind mir noch in Erinnerung als rundherum vertrauenerweckende Leistungen, als Talentbeweise einer Pianistin, die mit Einsehen und Hinhören rechnen kann, freilich im Wettstreit mit schier unübersehbarer Konkurrenz nicht unbedingt Aufsehen erregen wird. Nun darf man da hinzusetzen, dass es nicht wenige Beispiele gibt, die einer Rakete gleich mit medialem Treibstoff gezündet wurden und schon nach wenigen Musikbetriebsumkreisungen verglüht bzw. unsanft gelandet sind. Insofern mag man der Tochter eines deutschen Geigers und einer koreanischen Sopranistin nur wünschen, ihren künstlerischen Vorstellungen die Treue zu halten, wenngleich ich ihr nun in Kenntnis der neuen gutingi-Einspielung raten möchte, in den (klug) gewählten Stücken etwas mehr an Espressivo, an dynamischer Waghalsigkeit im Leisen wie im Lauten zu riskieren. Die gewählten Choräle sind tadellos vorgelesen, auch gesungen, soweit das Klavier ein Cantabile zulässt, aber es fehlt mir eine gesunde, ausgefuchste Portion an Raffinesse in der Abwägung der Stimmen gegeneinander, in der Benennung des Wichtigen und des Zweitrangigen. Man muss nicht unbedingt Alexis Weissenbergs waghalsig beschleunigte Version von Bachs Aufforderung zur Freude (BWV 734a) zum Vorbild nehmen, aber Caroline Doerge (mittlerweile mit Zusatz Alassio) erkundet dieses hurtige Stück doch mit allzu viel Vorsicht, liest es gleichsam auswendig vom Blatt.
Die drei Chopin-Stücke sind sorgfältig recherchiert, in keiner Phase überhitzt auf Touren gebracht und gehalten. Doch es fehlt mir an klanglicher Rundung, an Ausformung der melodischen Wunderlichkeiten, an übergreifendem Schwung in den wogenden, lebenspendenden Passagen etwa der f-Moll-Ballade. Begrüßenswert allerdings ist, wie Caroline Doerge Alassio sich in den vehementen Passagen des h-Moll-Scherzos hütet, allzu sehr mit Vollgas aufzutrumpfen. Mehr als häufig wird diese Fieberstudie unter den Händen selbst erfahrener Interpreten bis zu Unkenntlichkeit vulkanisiert. Wie man hohe Temperatur, Detaildeutlichkeit bis in die letzten Winkel der Partitur und sonoren, noblen Klavierklang verbinden kann, zeigen die alten Philips-Aufnahmen von Adam Harasiewicz, die jetzt bei Decca neu aufgelegt worden sind.
Im Schlussteil der gutingi-CD begibt sich Caroline Doerge Alassio im Namen Franz Liszts auf Fischfang. Die quellfreudigen Wasser der Schubertschen Erfindungsquelle wirken pianistisch ein wenig lauwarm vorgeführt, so wie die kraftvollen, auftrumpfenden Segmente des Faust-Walzers auf sehr zivile, im Vergleich etwa zu Cziffra oder Frau Leschenko geradezu pazifistische Weise angespielt werden. Da mangelt es an Entschiedenheit, an zündend gebündelten Oktaven der rechten Hand und am Ende an walzerseliger Verrücktheit.
Vergleichs-aufnahmen: Gounod/Liszt: Cziffra (EMI), Leschenko (avanti classic SACD 5414706 10272); Chopin: Harasiewicz (Decca 442 8746); Bach / Busoni: Weissenberg (EMI).
Peter Cossé † [13.03.2008]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Johann Sebastian Bach | ||
1 | Nun komm, der Heiden Heiland BWV 659 (Choralvorspiel - Bearb. für Klavier) | 00:04:55 |
2 | Nun freut euch, lieben Christen g'mein G-Dur BWV 734 (Choralvorspiel - Bearb. für Klavier) | 00:02:22 |
3 | Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ BWV 639 (Choralvorspiel - Bearb. für Klavier) | 00:03:25 |
4 | In dir ist Freude BWV 615 (Choralvorspiel - Bearb. für Klavier) | 00:02:16 |
5 | Jesus Christus, unser Heiland BWV 665 (Choralvorspiel) | 00:05:06 |
Frédéric Chopin | ||
6 | Ballade No. 2 F major op. 38 | 00:08:35 |
7 | Ballade Nr. 4 f-Moll op. 52 Nr. 4 | 00:11:29 |
8 | Scherzo Nr. 1 h-Moll op. 20 | 00:10:02 |
Franz Schubert | ||
9 | Die Forelle (Bearb. für Klavier) | 00:04:27 |
Franz Liszt | ||
10 | Konzertparaphrase über den Walzer aus Faust von Gounod | 00:11:21 |
Interpreten der Einspielung
- Caroline Alassio (Klavier)