cpo 777 250-2
2 CD • 1h 39min • 2006
24.01.2008
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
August Enna (1859-1939), Zeitgenosse und Konkurrent von Carl Nielsen, war ein zu seiner Zeit durchaus geschätzter und sehr fruchtbarer dänischer Opernkomponist, der seinen Ruhm allerdings um einige Jahrzehnte überlebte. Heute muß man schon ein besseres Musiklexikon zur Hand nehmen, um seinen Namen zu finden. Vor einigen Jahren hat cpo bereits seine kurze Oper Das Mädchen mit den Schwefelhölzern (nach Andersen) herausgebracht, die bei der Kritik überwiegend positives Echo fand. Nun folgt ein abendfüllendes Werk, das auf eine ungarische Vorlage in deutscher Sprache geschrieben wurde: Heiße Liebe geht auf eine Erzählung von Kálmán Mikszáth zurück, der Ende des 19. Jahrhunderts zu den herausragenden realistischen Autoren Ungarns gehörte. Die Handlung ist schnell erzählt: Arota, die Tochter eines Staatsbeamten, verliebt sich in den Jäger Andreas, der sich bald als der Herzog entpuppt und zieht mit ihm. Doch der eifersüchtige Ziehbruder Janos, dem sie noch als Kind die Ehe versprochen hatte, eilt ihnen hinterher und tötet beide.
Die Oper wurde 1904 in Weimar mit mattem Erfolg uraufgeführt und nach wenigen Vorstellungen wieder abgesetzt. Das dürfte nicht an mangelnder Theaterwirksamkeit oder fehlenden musikalischen Einfällen gelegen haben, sondern an der Tatsache, dass Ennas Ästhetik ganz dem 19. Jahrhundert verhaftet bleibt und den Anschluß an die musikalische Avantgarde nicht sucht. Im gleichen Jahr kamen Madame Butterfly und Jenufa heraus, kurz darauf Salomé. Da wirkt Heisse Liebe, die man mit gutem Willen als eine „Volksoper” bezeichnen könnte, ein bisschen aus der Zeit gefallen. Ennas Partitur versucht das nordische spätromantische Orchester in der Nachfolge Wagners mit italienischer Kantilene zu verbinden und ist melodisch wie harmonisch um Eingängigkeit bemüht. Das Libretto weist einige Parallelen zu Cavalleria rusticana auf, zum Hauptwerk des Verismo. Auch hier läuten die unvermeidlichen Glocken, auch hier gibt es ein ausgelassenes Trinklied, das den schwelenden Konflikt übertönt und auch hier spielt der Chor eine große, wenn auch unbeteiligte Rolle. Wo bei Mascagni „duftig Orangen erglänzen in Grün gehüllt”, läßt Enna „purpurn rings die Beeren glühen”.
Die vorliegende Produktion des NDR, von Hermann Bäumer souverän geleitet, hält orchestral und sängerisch gutes Niveau. Johanna Stojkovic und Lothar Odinius entfalten viel lyrischen Schmelz in den Liebesduetten, Alfred Kim in der Rolle des Mörders bekommt von der Komposition erst am Ende Gelegenheit, die heroischen Möglichkeiten seines Tenors zu zeigen. Weniger einprägsam ist Egbert Junghanns, dessen Bariton für die Vaterrolle zu hell und zu leichtgewichtig klingt.
Ekkehard Pluta [24.01.2008]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
August Enna | ||
1 | Heiße Liebe (Oper in zwei Akten) |
Interpreten der Einspielung
- Johanna Stojkovic (Arota, Tochter des Gutsverwalters - Sopran)
- Lothar Odinius (Andreas, Sohn des Herzogs - Tenor)
- Alfred Kim (Janos, Arotas Verlobter - Tenor)
- Egbert Junghanns (Matthäus, herzoglicher Gutsverwalter - Bariton)
- NDR Chor (Chor)
- NDR Radiophilharmonie (Orchester)
- Hermann Bäumer (Dirigent)