J.S. Bach
Weihnachtsoratorium
Challenge Classics CC 76608
2 CD/SACD • 2h 25min • 2006
30.11.2007
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Bachs Weihnachtsoratorium enthält alles, was den Thomaskantor auszeichnet, darunter Klangpracht, Grazie und satztechnische Komplexität. Und – auf welchem Weg man sich auch den Fragen nähern möchte, welche die historisch informierte Musizierpraxis in Sachen Besetzungsgröße oder Instrumentenwahl aufwirft – die vorliegende Einspielung besitzt genau die Merkmale, die nötig sind, damit sich die ungeheure Wirkung dieser Musik facettenreich entfalten kann: eine mustergültige Textdeklamation und -ausdeutung, eine bemerkenswerte Klangsensibilität und Ausdrucksvielfalt, größtmögliche Durchsichtigkeit, selbstverständliche Geschmeidigkeit und Natürlichkeit sowie bestens aufgelegte Musiker, die bei ihrer äußerst vitalen Herangehensweise nie die strukturelle Klarheit der einzelnen Sätze und der Kantaten-Großarchitektur aus den Augen verlieren.
Schon der Gesamtklang bereitet auf dieser Hybrid-SACD großes Vergnügen. Dem steht die Klanglichkeit jeweils des Vokal-, Instrumental- und Solisten-Ensembles um nichts nach. Jan Willem de Vriend lässt den 1970 ins Leben gerufenen Kammerchor Cappella Amsterdam sowie das 1982 von ihm selbst gegründete Barockensemble Combattimento Consort Amsterdam ungemein straff und federnd musizieren. Außerdem beweist er Mut zu stellenweise ungewohnt raschen Tempi, die, zugegebenermaßen, dem Ein oder Anderen beim ersten Hören befremdlich erscheinen mögen – etwa in der Sinfonia zu Beginn des zweiten Teils. Bei einer so tänzerischen Ausführung kommt jedoch auch das Festliche und Majestätische nicht zu kurz. Gerade die Cappella Amsterdam besticht mit einer Leucht- und Spannkraft, die man unter den zahllosen Aufnahmen des Weihnachts-Oratoriums suchen kann. Rhetorisch ausgefeilt, dynamisch sehr nuanciert und mit einem detailreichen Ausdrucksspektrum folgt sie dem sinnlichen, dabei stets transparenten Klangideal Jan Willem de Vriends. Keine Wünsche offen lassen auch die schlanken und sehr beweglich geführten Stimmen der Solistenriege: Malin Hartelius (Sopran), Kristina Hammarström (Mezzosopran), Jörg Dürmüller (Tenor) und Detlef Roth (Bass-Bariton). Ihr vorzügliches musikalisches Verständnis demonstrieren sie nicht zuletzt in den gekonnt ausbalancierten Mischungsverhältnissen des Duetts für Sopran und Bass „Herr, dein Mitleid, dein Erbarmen“ und des Terzetts für Sopran, Alt und Tenor „Ach, wenn wird die Zeit erscheinen“. Allein Kristina Hammarströms dunkel timbrierter Mezzo lässt es gelegentlich an Textverständlichkeit mangeln und gestaltet manche Passagen der Alt-Rezitative und -Arien mitunter zu dramatisch.
Was diese Aufnahme zu etwas Besonderem macht, ist die in der Unmittelbarkeit des Ausdrucks vorbildliche Interpretation, an der sich kommende Einspielungen des „WO“ werden messen lassen müssen. Nimmt man zu der wohldurchdachten und in sich geschlossenen Wiedergabe noch die hervorragenden Texte des 70-seitigen „Begleit“-Buchs und die darin enthaltenen Fotos von Eddy Posthuma de Boer zu dem Thema „Mutter & Kind“ hinzu, so kann das abschließende Urteil nur lauten: unbedingt empfehlenswert.
Christof Jetzschke [30.11.2007]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Johann Sebastian Bach | ||
1 | Weihnachtsoratorium BWV 248 |
Interpreten der Einspielung
- Malin Hartelius (Sopran)
- Kristina Hammarström (Alt)
- Jörg Dürmüller (Tenor)
- Detlef Roth (Bariton)
- Cappella Amsterdam (Ensemble)
- Combattimento Consort Amsterdam (Ensemble)
- Jan Willem de Vriend (Dirigent)