DG 00440 073 4159
1 DVD-Video • 2h 27min • 1978
13.12.2006
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Dies ist ein rares Dokument von Leonard Bernsteins leider allzu seltenen Ausflügen in den Bereich der Oper. Beethovens Fidelio, die Hymne auf Freiheit und Brüderlichkeit, lag dem unermüdlichen Kämpfer für die Menschenrechte besonders am Herzen, und seine Aufführung an der Wiener Staatsoper in der Regie von Otto Schenk, erstmals gegeben bei den Wiener Festwochen 1970 und 1978 mit neuer Besetzung wieder aufgenommen, ist in die Annalen des Hauses eingegangen.
Bernsteins Wiedergabe von Beethovens Partitur war minutiös ausgearbeit. Fehlende dynamische Anweisungen für die Sänger ergänzte er sorgfältig, die Streicherbesetzung der kleinbürgerlichen Eingangsszene reduzierte er, um einen an Haydn gemahnenden Klang zu erzielen, erst bei der eigentlichen dramatischen Handlung setzte er das volle Orchester ein, das gleichwohl immer einem schlanken, klassischen Klangideal verpflichtet bleibt. Die Dialoge sind auf ein Minimum beschränkt, die Dramatik der Aufführung wird dadurch verstärkt, dass Bernstein im zweiten Akt an den piano-Schluss des Duetts „O namenlose Freude“ nahtlos die (um den Eröffnungsakkord gekürzte) dritte Leonoren-Ouvertüre anschließt – ein magischer Moment der Reflexion des gerade durchlebten ungeheuerlichen Geschehens.
Schenks konventionelle Regie (mit den eindrucksvollen Bühnenbildern von Günther Schneider-Siemssen und den farblich fein abgestimmten Kostümen von Leo Bei) erspart dem Betrachter alle krampfhaften Aktualisierungs-Eskapaden und hält sich an die Vorgaben des Librettos. Sie wirkt durch atmosphärische Dichte, eindringliche Bilder und ebenso behutsame wie glaubwürdige Personenführung. Gundula Janowitz bewältigt die Titelpartie, die eigentlich über ihr angestammtes Stimmfach hinausgeht, überzeugend und mit der ihr eigenen außerordentlichen Gesangskultur. René Kollo gibt einen eindringlichen Florestan ohne Übertreibung, und auch die übrige Besetzung (nicht zuletzt Lucia Popp und Adolf Dallapozza als Pförtner-Paar) ist stimmlich wie darstellerisch hervorragend.
In den Ouvertüren kann man den Dirigenten Bernstein at his best erleben, gleichermaßen sportiv und suggestiv, ein Theatermann par excellence, und zum Schluss scheint das ganze Ensemble jede Reserve über Bord zu werfen und sich von Bernsteins enthusiastischem Freudentaumel mitreißen zu lassen. Ein großer Abend – und in der DVD-Veröffentlichung der Fernseh-Liveübertragung auch nach fast dreißig Jahren ein großes Erlebnis.
Sixtus König † † [13.12.2006]
Anzeige
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Ludwig van Beethoven | ||
1 | Fidelio op. 72 (Oper in zwei Aufzügen) |
Interpreten der Einspielung
- René Kollo (Florestan - Tenor)
- Gundula Janowitz (Leonore - Sopran)
- Hans Sotin (Don Pizarro - Bariton)
- Hans Helm (Don Fernando - Bariton)
- Manfred Jungwirth (Rocco - Baß)
- Lucia Popp (Marzelline - Sopran)
- Adolf Dallapozza (Jaquino - Tenor)
- Karl Terkal (1. Gefangener - Tenor)
- Alfred Sramek (2. Gefangener - Baß)
- Chor der Wiener Staatsoper (Chor)
- Orchester der Wiener Staatsoper (Orchester)
- Leonard Bernstein (Dirigent)
- Otto Schenk (Regie)