Roger Norrington
Mahler
SWRmusic 93.165
1 CD • 68min • 2006
17.10.2006
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Ein Lob dem Autor des lesenswerten Booklet-Textes und dem formidablen Stuttgarter Orchester, das sich in dieser Live-Aufnahme kaum eine Blöße gibt und bereitwillig den auf eine historisierende Aufführungspraxis zielenden Intentionen seines Chefs Sir Roger Norrington folgt. Dieser stellt einmal mehr unter Beweis, dass das Bemühen um "Historische Korrektheit" (was immer man darunter verstehen mag) allein noch kein Garant für eine gelungene Wiedergabe ist.
In der vorliegenden Einspielung erscheinen die klanglichen Verhältnisse geradezu auf den Kopf gestellt. Die durchweg zu vibratolosem Spiel verdammten Streicher haben keine Chance gegen das Blech, das seinerseits so spielt, als gelte Mahlers gelegentliche Vorschrift "etwas hervortreten" für die ganze Sinfonie. Ob das – wie Norrington für sich in Anspruch nimmt – der Klang ist, den der Komponist erwartet hat, darf (gelinde gesagt) bezweifelt werden.
Nicht besser steht es um die Tempo-Proportionen. Wo Mahler Modifikationen eines Grundtempos vorschreibt, setzt Norrington auf krude Kontraste, wodurch beispielsweise der Kopfsatz den geforderten strengen, konduktartigen Charakter verliert. Jedes „nicht schleppen“ wird in ein Accelerando, jedes „nicht eilen“ in ein Meno mosso umgedeutet. Natürliches Werden, den allmählichen Übergang, den Mahler oft genug mit dem Wort „unmerklich“ bezeichnet hat, gibt es bei Norrington nicht. Bei ihm finden wir an jeder Ecke die Duftmarke dirigentischen Wollens.
Das Adagietto (die Verkleinerungsform bezieht sich auf die Satzlänge, nicht auf das Tempo, das durch die Vorschrift „Sehr langsam“ festgelegt ist) wirkt matt und spannungslos, mangelhaftes Ausspielen der kleinen Notenwerte trägt neben der Vibratoabstinenz dazu bei, dass das von Mahler geforderte „espressivo“ sich nirgends einstellen will. Der „fließendere“ Mittelteil wirkt wie ein Fremdkörper. Zum Ende des Rondo-Finales wartet Norrington mit einer rasanten Beschleunigung auf, die zwar die Trompeten-Stimme im vorletzten Takt verschluckt, aber immerhin für einen effektvollen Abschluss sorgt. Die Begeisterungsstürme aus der Stuttgarter Liederhalle werden von der CD gleich mitgeliefert – damit vor dem heimischen Lautsprecher nur ja keine Zweifel aufkommen...
Sixtus König † † [17.10.2006]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Gustav Mahler | ||
1 | Sinfonie Nr. 5 cis-Moll | 01:08:05 |
Interpreten der Einspielung
- Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR (Orchester)
- Sir Roger Norrington (Dirigent)