Ondine ODE 1056-2
1 CD • 62min • 2004, 2005
03.01.2006
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Erdrückend ist die Fülle von Vergleichsaufnahmen von Mozarts Krönungswerk aller Klarinettenkonzerte, das in keinem Repertoire aller Klarinettisten der Welt fehlen darf. Die gesamte holzblasende Prominenz der Spitzengruppe ist mit diesem singulären Meisterstück gar mehrfach auf Tondokumenten vertreten. Hoch, sehr hoch ist also die Meßlatte anzulegen, was natürlich auch der finnische Meisterbläser Kari Kriikku, seit 1998 künstlerischer Leiter des Kammerorchesters Avanti!, weiß. Allen Meriten zum Trotz, die sich Kriikku als arrivierter Interpret der Moderne inzwischen erworben hat, riskiert er nun eine antiseptisch-puritanische Version von Mozarts Geniewurf der absoluten Reife, des Tiefgangs und künstlerisch letztgültiger Hinterlassenschaft (zwei Monate vor dem Tode des Komponisten 1791 entstanden) – und gleitet konsequent, aber kühl über eine als eisglatt mißverstandene Spielfläche hinweg. Das Ergebnis einer solchen eigenen und eigenartigen Sicht, gestützt durch den Dirigenten John Storgårds mit der begleitenden Tapiola Sinfonietta, ist eine perfektionierte Präzisionsarbeit rasanter (Allegro) oder ermüdender (Largo) Gleichförmigkeit unter Ausschaltung dynamischer Finessen und beseelter Spannungsbögen.
Was sich da im einzelnen (nicht!) ereignet und kaum in gebotener Kürze beschreiben läßt, offenbart jeder Vergleich mit den jeweils individuellen Interpretationen aller namhaften Bläserkollegen. Unter ihnen sei der gebotenen Objektivität halber die im Katalog nicht mehr erhältliche Philips-Produktion mit dem Soloklarinettisten der Wiener Philharmoniker, Ernst Ottensamer, und seinem "Hausorchester" unter der Leitung von Colin Davis genannt. Obwohl bereits im Jahre 1992 veröffentlicht, ist hier bei fast identischer, "finnischer" Tempowahl aller drei Sätze die unmittelbare Nähe zu Mozart, dem Jubilar des Jahres 2006, zu hören, zu spüren und zu würdigen.
Drei weitere Klarinettenkonzerte der vorliegenden CD als historisch interessante Beiträge von Johann Melchior Molter (1696-1765), eine ganze Generation vor Mozart entstanden, huldigen noch den Ritonellformen des barocken Concerto-Prinzips. Die zunächst als Clarino-Ersatz erfundene, zur Zeit Molters noch kaum ausgereifte Klarinette in hoher D-Stimmung, hat wegen ihrer schrillen und spitzen Sopranino-Register ihre ästhetischen Tücken. Hier erweist sich Kari Kriikku, wie schon mit Mozarts Bassettklarinette, als der Beherrscher einer ausgezeichneten Tonqualität, nun auch auf dem kurzen Röhrchen, ohne indes sein Konzept einer Spieluhren-Nüchternheit zu verlassen.
Dr. Gerhard Pätzig [03.01.2006]
Anzeige
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johann Melchior Molter | ||
1 | Klarinettenkonzert Nr. 1 A-Dur | |
2 | Klarinettenkonzert Nr. 3 G-Dur | |
3 | Klarinettenkonzert Nr. 4 D-Dur | |
Wolfgang Amadeus Mozart | ||
4 | Konzert A-Dur KV 622 für Klarinette und Orchester |
Interpreten der Einspielung
- Kari Kriikku (Klarinette)
- Tapiola Sinfonietta (Orchester)
- John Størgårds (Dirigent)