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Besprechung CD

Leopold Stokowski Symphonic Transcriptions

Naxos 8.557645

1 CD • 77min • 2004

05.10.2005

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 7
Klangqualität:
Klangqualität: 7
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 7

Leider hält diese Produktion mit Bearbeitungen russischer Werke von Stokowski nicht recht, was die Aufmachung verspricht. Trotz Unterstützung dieses Projektes durch die Leopold Stokowski Society, der übersichtlichen Text-Dokumentation im Beiheft und der Wahl von Stokowskis früherem Assistenten José Serebrier – einem vorzüglichen Dirigenten und Komponisten, den ich sehr schätze. Stokowskis Bearbeitungen hatten nämlich ursächlich mit seinen eigenen Klangvorstellungen zu tun, die er insbesondere durch immer neue Orchesteraufstellungen zu präzisieren versuchte. Seine Maxime war dabei stets, bei der Plazierung der Instrumente auf dem Podium insbesondere zu berücksichtigen, wohin sie jeweils den Schall abstrahlen, um für den Hörer eine optimale Balance und Räumlichkeit zu schaffen. Dies kann man auch seinen verschiedenen Schriften immer wieder entnehmen. Doch davon ist in dieser konventionell aufgenommenen Produktion nichts zu spüren, denn der Klang ist tontechnisch manipuliert (und hier überdies sehr hallig), und auch das Orchester sitzt wie immer – hohe Streicher links, tiefe Streicher rechts, Bläser mittig und drum herum. Es ist unverständlich, wieso dies im Beiheft eine ìneue Perspektiveî des Dirigenten genannt wird, der angeblich schon zu Beginn der Aufnahmesitzungen dem Orchester mitgeteilt hatte, er wolle ìkeine Kopie von Stokowskis eigenen Einspielungenî verwirklichen.

Auch die Qualität der hier versammelten Orchestrationen ist durchaus unterschiedlich: Fans musikalischer Achterbahnfahrten im Filmmusik-Sound mögen der inzwischen auch von verschiedenen Dirigenten neuerer Zeit in Aufnahmen gewürdigten Version von Mussorgskys Bilder einer Ausstellung etliche Qualitäten bescheinigen – das täuscht jedoch nicht darüber hinweg, daß Stokowski diverse Bilder und Promenaden nach Gutdünken ausgelassen, somit knapp ein Viertel des Werkes amputiert und darüber hinaus sogar in den einzelnen Sätzen selbst gekürzt und umgestellt hat. Die bei genauerem Hinsehen durchaus vorhandene sinfonische Großform des Originals blieb dabei auf der Strecke. Die sinfonische Synthese der Oper Boris Godunov wirkt zwar durch ihr neues, orchestrales Gewand prächtig, wirkt aber zugleich an den Nahtstellen ziemlich notdürftig verklebt und kann sich etwa mit den genialen Wagner-Synthesen von Erich Leinsdorf nicht messen. Exzentrisch ist die Neu-Instrumentierung der Nacht auf dem kahlen Berge: Stokowski hat sich ausgerechnet Rimsky-Korssakoffs entstellendes Arrangement genommen (das in weiten Teilen ohnehin einer Neukomposition gleicht) und dieses neu instrumentiert. Warum hat er nicht gleich die damals durchaus bekannte Urfassung von Mussorgsky selbst genommen, die auch im Vergleich mit Stokowskis Bearbeitung weitaus wilder ist? (Man stelle sich den – berechtigten – Aufschrei der Fachwelt vor, wenn sich beispielsweise John Williams an eine neue Instrumentierung der verstümmelten Schalk-Bearbeitung von Bruckners Fünfter machte...)

Überraschungen bieten die Miniaturen Tschaikowskys: Hier kitzelte der Bearbeiter aus zwei kaum drei Minuten langen Klavierwerken ein Maximum an orchestralem Ausdruck heraus. Alles in allem eine interessante, mit 77 Minuten erfreulich lange Anthologie, ein Muß für Stokowski-Fans, aber auch gewollt spektakulär. Alles klingt tadellos und virtuos, kompetent und konsequent, wirkt aber auf mich nie wirklich anrührend.

Dr. Benjamin G. Cohrs [05.10.2005]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Modest Mussorgsky
1Eine Nacht auf dem kahlen Berge (1939)
2Chowantschina – vierter Akt, Zwischenaktsmusik (1922)
3Boris Godunow (Sinfonische Zusammenfassung, 1936)
4Bilder einer Ausstellung (1939)
Peter Tschaikowsky
5Humoreske op. 10 Nr. 2 (1941 - Bearb. für Orchester)
6Solitude op. 73 Nr. 6 (1936 - Bearb. für Orchester)
Leopold Stokowski
7Traditional Slavic Christmas Music (1933)

Interpreten der Einspielung

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