Naxos 8.557502
1 CD • 78min • 1995
12.07.2005
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Robert Craft war von 1948 bis zum Tod des Komponisten 1971 der erwählte Adlatus und damit engster Mitarbeiter des alten Strawinsky. Sozusagen die verdoppelte Stimme des Meisters, als Schriftsteller wie als Dirigent. Freilich blieb Craft keineswegs ausschliesslich auf Strawinsky fixiert; gerade auch der Schönberg-Schule widmete er sich beharrlich. Seinem Einfluss dürfte es nicht zuletzt zu verdanken sein, dass sich der späte Strawinsky dem seriellen Stil annäherte. Als Interpret kehrt Craft immer wieder zu seinem Mentor zurück; die Aufnahmen dieser CD entstanden 1992 und 1995 und waren bereits auf andern Labels greifbar. Dass die drei Partituren zur „griechischen“ Trilogie erklärt werden, scheint zumindest im Fall von Agon fragwürdig. Trotz der griechischen Bezeichnung (agon = Wettbewerb) handelt es sich um eine abstrakte Schöpfung für zwölf Tänzer; die 16 Sätze tragen zudem meist französische Titel.
Strawinsky selber hat die drei Werke um 1960 für die Platte aufgezeichnet (bei CBS, heute Sony). Der Vergleich mit der neueren Darstellung Crafts – der 1957 die Uraufführung von Agon geleitet hatte – ist nicht uninteressant. Craft wählt durchweg raschere Tempi, und vor allem pointiert er entschiedener. Der damals immerhin schon achtzigjährige Komponist, „Echtheit“ hin oder her, hat es bei einer eher pauschalen Lesart bewenden lassen. Im Gegensatz dazu setzt Craft die Akzente bewusster, er spitzt die Rhythmen dieser Ballettkreationen deutlich zu und schenkt auch vertrackten Nebenstimmen Beachtung. Mit solch zügiger, sogar vitaler Auslegung entgeht Craft der Gefahr der Blässe (wie sie etwa beim neoklassizistischen Streicherstück des Apollo drohen mag) und beweist, wie vielschichtig die Archaik des Orpheus sein kann und dass Agon einiges mehr ist als bloss geistvolle Abstraktion.
Mario Gerteis † [12.07.2005]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Igor Strawinsky | ||
1 | Apollo (Ballett in zwei Bildern, 1928) | |
2 | Agon (handlungsloses Ballett für zwölf Tänzer und Orchester) | |
3 | Orpheus (Ballett in drei Bildern) |
Interpreten der Einspielung
- London Symphony Orchestra (Orchester)
- Orchestra of St. Luke's (Orchester)
- Robert Craft (Dirigent)