American Symphonies
BIS 2118
1 CD/SACD stereo/surround • 78min • 2017
10.08.2018
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Amerikanische Symphonik des 20. Jahrhunderts hat es selbst in Amerika schwer, wo die Grabenkämpfe zwischen A-tönlern und Harmonikern deutlich früher ausklangen als in Europa. Die eigenen großen Symphoniker sind dort wenigstens bekannt (wenn auch nicht im eigentlichen Sinne populär): Samuel Barber, Aaron Copland, David Diamond, Roy Harris, William Schuman, Walter Piston. In Deutschland neigt man dazu diese Musik – gänzlich ungehört – zu belächeln. Das ist schade, denn es verbirgt sich ungeheur viel an Schönheit und Ideenreichtum in ihrem Stil generell und spezifisch in diesen Werken. Entsprechend ist eine Zusammenstellung von drei interessanten Amerikanischen Sinfonien, vom London Symphony Orchestra eingespielt, in vielversprechender, hochauflösender (SACD) Klangqualität, sehr willkommen. Theoretisch.
Als Stephen Albert (1941-1992) – ein Schüler des wunderbaren George Rochberg – bei einem Autounfall ums Leben kam, war er gerade mal 51 Jahre alt. Im Nachruf der Washington Post hieß es zurecht, dass das „Amerikanische Musikleben um eines ihrer strahlendsten Talente gebracht wurde“. Für seine Erste Sinfonie war er mit dem Pulitzer Prize ausgezeichnet worden. Zum Zeitpunkt seines Todes hatte Albert gerade das Particell seiner, von der New York Philharmonic in Auftrag gegeben, Zweiten Sinfonie vollendet. Sebastian Curier übernahm die zuweilen bissige, energische Orchesterierung. Die Einflüsse von Strauss, Strawinsky, Sibelius sind zu hören, wie auch der Hang zu melodischen aber nie schmalzigen Phrasen. Die Musik ist recht einnehmend während des Hörens vom Tonträger; im Konzert wäre sie aber noch besser aufgehoben.
Auch für die Musik der anderen beiden Komponisten – Walter Piston (1894-1976) und Samuel Jones (1935) – gilt, dass es einfacher ist sie bewundern zu wollen als sie zu lieben. Ein wenig fehlt die eingängige Idee um wirklich nachhaltig zu wirken. Nur wer ganz genau zuhört findet Vortreffliches, alle anderen kratzen sich am Kopf. Wirklich einprägsam ist bei Piston generell wenig. Egal wie erfreulich das Gehörte im Moment sein mag, hinterher erinnert man sich nicht mehr daran; selbst kaum an den Eindruck den man während des Hörens hatte. Dagegen sind nur die packensten, engagiertesten Aufführungen gefeit. Diesem Anspruch wird, annähernd, eigentlich nur Charles Munch’s Aufnahme der Uraufführung gerecht; der Rest (Slatkin/St. Louis, Schwarz/Seattle und eben Fridel/LSO) beläßt es bei ‚gut und tauglich‘.
Was zwischen diesen beiden Sinfonien bleibt ist Samuel Jones’ Dritte Sinfonie Palo Duro Canyon. Im Gegensatz zu den anderen Werken wurde diese nicht von einem großen Orchester (Bosten und New York, respektive) in Auftrag gegeben, sondern von der bescheideneren Amarillo Symphony im Norden Texas. Es ist ein buntes, frisches Werk, klanglich irgendwo zwichen Roy Harris, Carl Orff, und sehr konservativem Messiaen. Wind (aufgenommen und elektronisch wiedergegeben) umstreicht den Anfang der formal einsätzigen Symphonie. Nebst einer betörenden, an Carmina Burana erinnernden, Energie stürzt sich Jones auch in ein herzallerlieblichstes Adagio cantabile, das es vielleicht tatsächlich in sich hat, hinterher auf der Straße gepfiffen zu werden.
Wären nun die Aufnahmen dieser Werke packend-begeisternde Meisterleistungen, zwingend artikuliert und gespielt vom Miet-Orchester LSO, und mit herausragendem Klang von dem (dafür ja bekannten) Label BIS ausgestattet, dann wäre diese Einspielung eine unbedingt empfehlenswerte Einführung in die Amerikanische Symphonik. Tadelloses Spiel und durchaus guter aber zurückhaltender Klang sind in diesem Fall aber zu wenig. Alle Naxos Aufnahmen dieser Stücke sind wenigstens ebenso gut oder einen Tick besser. Was bleibt ist die ‚Entdeckung‘ Samuel Jones‘, was allerdings, sollte es durch diese Aufnahme geschehen, auch schon ein großes Verdienst ist.
Jens F. Laurson [10.08.2018]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Walter Piston | ||
1 | Sinfonie Nr. 6 | 00:23:25 |
Samuel Jones | ||
5 | Sinfonie Nr. 3 (Palo Duro Canyon) | 00:23:30 |
Stephen Albert | ||
11 | Sinfonie Nr. 2 | 00:30:11 |
Interpreten der Einspielung
- London Symphony Orchestra (Orchester)
- Lance Friedel (Dirigent)