Jean-Henri d' Anglebert Pièces de clavecin & airs d'après M. de Lully
Alpha Productions 074
2 CD • 1h 56min • 2004
06.07.2005
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Ihre erste große Blüte erlebte die französische Cembalomusik unter Jacques Champion de Chambonnières (1601–1672) und Louis Couperin (ca. 1626–1661). „Der eine rührte das Herz, der andere das Ohr“, urteilte ein Franzose 1680, und in der Tat schienen mit diesen beiden Namen die Eckpunkte eines Feldes markiert zu sein, in dem sich die Cembalomusik der Grande Nation fortan entwickeln sollte. Für die weitere Geschichte ist aber Jean-Henry d’Anglebert (1635–1691) von nicht minderer Bedeutung: Er reduzierte das Pathos der Altvorderen zugunsten einer ausgeprägten Noblesse, die für die klassische Phase des musikalischen Stils unter Ludwig XIV. charakteristisch sein sollte. Auf eine genaue Ausführung legte er offenbar großen Wert, denn er veröffentlichte ein Tabelle mit nicht weniger als 29 Symbolen für verschiedene Verzierungen, die dem Cembaloklang Fülle und Tragkraft verleihen. Auf diese Tabelle sollte übrigens Johann Sebastian Bach in seinem Klavierbüchlein für Wilhelm Friedemann zurückgreifen.
D’Anglebert veröffentlichte 1689 seine Pièces de clavecin, die er nach Tonarten in sechs Suiten gruppierte. Dies waren aber keine in sich geschlossenen Kompositionen; vielmehr sollte der Ausführende je nach Anlass eine Auswahl treffen oder die Reihenfolge der Einzelsätze umstellen. Das Besondere dieser Veröffentlichung ist, daß sie nicht nur Originalkompositionen, sondern auch Cembalobearbeitungen von Sätzen aus Lullys Bühnenwerken enthält. Das war mehr als ein kommerzieller Coup: D’Anglebert hat als Cembalist der Hofkapelle an Aufführungen von Lullys Opern mitgewirkt und von dem Florentiner sicherlich eine Menge gelernt, so daß er ihm mit seinen Bearbeitungen die Reverenz erweisen wollte.
Céline Frisch hat nun die mit Lully-Sätzen angereicherten Suiten in G-Dur und g-Moll eingespielt, denen das Café Zimmermann auf der zweiten CD Lullys Originale gegenüberstellt (ferner finden sich auf der zweiten CD noch d’Angleberts fünf Orgelfugen). Der Vergleich ist aufschlussreich, denn auch wenn die Orchesterversion naturgemäß mehr Klangfarben und eine weichere Artikulation bietet, überzeugt die Cembalobearbeitung in Frischs Interpretation doch durch ihre Konzentration und ihren erhabenen Gestus. Das Cafè Zimmermann spielt im tiefen französischen Kammerton (392 Hz), Frisch hingegen ungefähr einen Halbton höher – den Grund hierfür hätte man gerne erfahren. Das Cembalo, eine von Emile Jobin erstellte Kopie eines Tibaut-Instrumentes hat im Baß nicht dieselbe Sonorität wie in mittleren Lagen, und gelegentlich möchte man sich von Céline Frisch noch etwas rundere Bögen wünschen, wie sie zum Beispiel Christophe Rousset in seiner Vergleichseinspielung (Decca) bietet. Gleichwohl überzeugt der Esprit, mit dem sie bei der Sache ist und Details ausformt. Das Konzept dieser Produktion ist ohnehin sehr sinnvoll und läßt einem Komponisten Gerechtigkeit widerfahren, der unter dem Aspekt der Chronologie zwar erst an dritter Stelle zu nennen ist, sich bezüglich seiner musikalischen Qualitäten aber nicht hinter Chambonnières und Couperin zu verstecken braucht.
Theodor Schliehen [06.07.2005]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Jean Henri Anglebert | ||
1 | Suite G-Dur | |
2 | Ouverture de Cadmus (d'après M. de Lully) | |
3 | Ritournelle des Fées de Rolland (d'après M. de Lully) | |
4 | Chaconne de Phaeton (d'après M. de Lully) | |
5 | Suite g-Moll | |
6 | Ouverture de la Mascarade (d'après M. de Lully) | |
7 | Les Sourdines d'Armides (d'après M. de Lully) | |
8 | Les Songes agréables d'Arys (d'après M. de Lully) | |
9 | Air d'Apollon du Triomphe de l'Amour (d'après M. de Lully) | |
10 | Passacaille d'Armide (d'après M. de Lully) | |
Jean-Baptiste Lully | ||
11 | Ouverture de Cadmus | |
12 | Ritournelle des Fées de Roland | |
13 | Petit Air pour les mesmes | |
14 | Premier Air (Armide) | |
15 | Second Air (Armide) | |
16 | Chaconne de Phaeton | |
17 | Ouverture (Le Carnaval, Mascarade) | |
18 | Les Songes agréables d'Atys | |
19 | Sarabande Dieux des Enfers du Ballet de la naissance de Venus | |
20 | Air d'Apollon du Triomphe de l'Amour | |
21 | Passacaille d'Armide | |
Jean Henri Anglebert | ||
22 | Fugue grave für Orgel | |
23 | 2e Fugue sur le mesme sujet für Orgel | |
24 | 3e Fugue | |
25 | 4e Fugue | |
26 | 5e Fugue |
Interpreten der Einspielung
- Céline Frisch (Cembalo, Orgel)
- Café Zimmermann (Ensemble)
- Pablo Valetti (Dirigent)