DG 002894775330
1 CD • 76min • 2001, 2003, 2004
22.04.2005
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Die großartigen, kundigen, demütigen, aber auch stolzen und hochvirtuosen Einspielungen der drei Bartók-Konzerte mit Géza Anda (DG) und Zoltán Kocsis (Philips) in verehrender Erinnerung, fällt es nicht leicht, sich neuen Darbietungen hörend auszuliefern. Und dennoch handelt es sich hier – zu geburtstäglichen Ehren des Komponisten und Dirigenten Pierre Boulez – um modellhafte, den drei Interpreten entsprechend eigenartige, „eigenduftige“ Interpretationen, die in vielen anschlagschemischen Details, in der Gesamtdiagnose eines Satzes und in der rhythmisch-agogischen Übermittlung das Altbekannte in neuen Farben, in neuer Diktion zur Diskussion stellen.
Was die verschiedenen Orchesterzuspielungen anbelangt, besteht kein Zweifel, welche entscheidende Bedeutung diese drei Konzerte für den komponierenden Dirigenten, bzw. den dirigierenden Komponisten haben. Klarheit im Aufriß der Stimmen, Feinnervigkeit im Schatten- und Lichterspiel, muskulöse, aber niemals übertriebene Attacke in den „barbarischen“ Passagen – und große Einfühlung im leisen, im kammermusikalischen Bereich der hintergründigen Bartók-Inventionen nahe der Wahrnehmungsschwelle und in den vibrierenden Erregtheiten, wenn das Klavier mit den verschiedenen Instanzen des Schlagwerkes zu kommunizieren hat.
Ich möchte hier keiner Einzelaufnahme den Vorzug geben, wenngleich mir die Einspielung des Konzerts Nr. 1 mit Krystian Zimerman als die aufmerksamste in der Detailbehandlung erscheinen will. Sie garantiert – trotz der ungemütlichen Vorlage – ein höchstes Maß an Selbstverständlichkeit, als handelte es sich mittlerweile um musikalische Umgangssprache. Andsnes überzeugt im „Zweiten“ durch Elasizität, sportliche Unermüdlichkeit und Feingefühl in den hintergründigen Sequenzen des Mittelsatzes. Und Hélène Grimaud beweist genügend Übersicht, um im Konzert Nr. 3 die kleinen Notenwerte des Hauptthemas nicht zu eng, zu gequetscht zu nehmen, wie das in den meisten Aufführungen der Fall ist.
Eine sozusagen dreifaltige Klavier- und Orchesterhuldigung mithin für Bartók und eine schöne Geste der Deutschen Grammophon für Pierre Boulez – in erster Linie aber für eine Musik, an deren Neuigkeit ebenso wenig zu zweifeln ist wie an ihrer Unsterblichkeit.
Peter Cossé † [22.04.2005]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Béla Bartók | ||
1 | Konzert Nr. 1 Sz 83 für Klavier und Orchester | |
2 | Klavierkonzert Nr. 2 Sz 95 BB 101 | |
3 | Konzert Nr. 3 Sz 119 für Klavier und Orchester |
Interpreten der Einspielung
- Krystian Zimerman (Klavier)
- Leif Ove Andsnes (Klavier)
- Hélène Grimaud (Klavier)
- Chicago Symphony Orchestra (Orchester)
- Berliner Philharmoniker (Orchester)
- London Symphony Orchestra (Orchester)
- Pierre Boulez (Dirigent)