Warner Fonit 8573 87475-5
2 CD • 2h 00min • 1952
01.03.2005
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Die Versuche, den historischen Opernkatalog der italienischen Firma Cetra auf dem deutschen Markt zu etablieren, lesen sich wie eine unendliche Geschichte.
Schon in den späten 50er Jahren erschienen einzelne Querschnitte aus dem Angebot als Lizenzausgaben bei Deutsche Grammophon. Die amerikanische Firma Everest brachte dann in den 70er Jahren einige ungeschickt nachstereophonisierte Pressungen auf den Markt, in denen die Sänger mit sich selbst im Duett zu singen schienen. Später wurden mehrere Titel bei einer Firma namens Dino veröffentlicht, die jedoch bald den Geist aufgab.
In der Folgezeit wanderten die Originale durch verschiedene deutsche Vertriebe, die dieser Schätze aber auch nicht recht froh wurden. Bei PMS, wo man sie zum Highprice veröffentlichte, klagte man über Absatzschwierigkeiten und Unzuverlässigkeit bei der Lieferung. Auch bei TIM, wo sie zu sozial verträglichen Preisen angeboten wurden, gab es immer wieder Schwierigkeiten bei der Beschaffung. Mit der Übernahme des Katalogs durch die große Firma Warner vor vier Jahren schien die Odyssee endlich beendet. Doch schon bald fanden sich die klanglich aufgefrischten und mit den nostalgisch-bunten Covern der Original-LPs versehenen CD-Kassetten unter den Billig-Angeboten der großen Kultur-Discounter wieder.
Nun hat Warner einen weiteren Anlauf unternommen und bringt die ? klanglich noch einmal überarbeiteten ? Aufnahmen im Paperback-Format und in simpelster Ausstattung heraus, d.h. nichtssagend neutrale Covers, im Beiblatt keine Informationen außer der Trackliste. Den künstlerischen Wert der Reihe schmälert das nicht.
Zu den Perlen der Kollektion zählt die 1952 entstandene Aufnahme von Bellinis La Sonnambula. Die Oper gehört noch in die Tradition der im 18. Jahrhundert so populären comédie larmoyante, in der die Heldin durch die Qualen der „pazzia per amoreì schließlich zum „lieto fineì geführt wird. Der Melodiker Bellini konnte hier aus dem Vollen schöpfen. Aminas Auftrittsarie Come per me sereno, das Braut-Duett Prendi líanel ti dono, die süffige Baß-Kavatine Vi ravviso, o luoghi ameni sowie die Schlußarie der Sopranistin Ah non credea mirarti mit der Koloratur-Cabaletta Ah non giunge gehören zu den inspiriertesten Nummern des Komponisten und haben sich, vom Stück losgelöst, auch im Konzert-Repertoire großer Sänger durchgesetzt.
Trotz des nur routinierten und nicht immer sensiblen Dirigats von Franco Capuana kommt der Cetra-Aufnahme Referenzcharakter zu. Sie trifft den spezifischen Tonfall dieses ländlichen Idylls ziemlich genau, was vor allem an der glücklichen Besetzung der drei Hauptrollen liegt. Lina Pagliughi, ein leichter Koloratursopran von ausgeprägt kindlicher Klangfarbe, vermittelt Aminas Unschuld idealtypisch, und obwohl die Sängerin zum Zeitpunkt der Aufnahme nicht mehr in der Blüte ihrer Jugend stand und sich auch einige musikalische Unsauberkeiten erlaubte, bereitet ihr frischer, perlender Gesang einiges Plaisir. Ferruccio Tagliavini bezaubert mit seinem honigsüßen Ton als Elvino und Cesare Siepi ist mit seinem opulent strömenden, männlichen basso cantante die optimale Besetzung für den Conte Rodolfo, eine Art Don Giovanni auf dem Lande.
Ekkehard Pluta [01.03.2005]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Vincenzo Bellini | ||
1 | La Sonnambula |
Interpreten der Einspielung
- Cesare Siepi (Graf Rodolfo, Lehnsherr des Dorfes - Baß)
- Anna Maria Anelli (Teresa, Müllerin - Mezzosopran)
- Lina Pagliughi (Amina, Teresas Pflegetochter, Elvinos Verlobte - Sopran)
- Ferruccio Tagliavini (Elvino, reicher Grundbesitzer - Tenor)
- Wandra Ruggeri (Lisa, Wirtin, in Elvino verliebt - Sopran)
- Pier Luigi Latinucci (Alessio, Bauer, in Lisa verliebt - Baß)
- Armando Benzi (Notar - Tenor)
- Coro Cetra (Chor)
- Orchestra Sinfonica di Torino della RAI (Orchester)
- Franco Capuana (Dirigent)