Arcana A 421
3 CD • 3h 30min • 2001, 2002
21.10.2004
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Jahrzehntelang traute sich kein Barockcellist an Bachs Cellosuiten, doch in letzter Zeit wird der Markt von Neueinspielungen dieser Werke förmlich überschwemmt. Was hat nun Wieland Kuijken, einer der Altvorderen der Alten Musik, zu diesem Thema zu sagen? Lesenswert ist sein sehr persönlich verfaßtes Vorwort, in dem er bekennt, auch nach vierzig Jahren nicht mehr darüber zu wissen, wie Barockmusik seinerzeit geklungen haben mag, als zu Beginn seiner Beschäftigung mit diesem Thema. Und diese Aufrichtigkeit zieht sich nun durch seine Interpretation, in der weniger das Wissen als vielmehr die Fragen einer beeindruckenden Lebenserfahrung stecken. Man hört, wie Kuijken sich an Bachs Suiten abarbeitet, wie er versucht, den Dingen auf den Grund zu gehen. Dabei scheint er eher von Neugier als von sauertöpfischer Grübelei oder düsterem Alterpessimismus getrieben zu sein, und das unterscheidet ihn wohltuend von all jenen Musikern, die alle Mögliche und noch mehr alles Unmögliche in Bachs Werke hineindeuteln. Wielands Kuijkens Interpretation fällt weder so unprätentiös selbstbewußt wie Pieter Wispelweys (Channel Classics 12298) noch so angenehm selbstgenügsam wie Roel Dieltiens’ (Accent 9171/72) aus; sie ist daher eher als Ergänzung denn als Ersatz dieser beiden Referenzeinspielungen anzusehen.
Für Kenner der Interpretationsgeschichte ungemein spannend ist die dritte CD, auf der Wieland Kuijken zusammen mit seinem Sohn Piet die drei Sonaten für Cembalo und Viola da gamba eingespielt hat. Durch die Art, wie hier die Vertikale betont wird und wie sich die Gestik um die eigene Achse zu drehen scheint, wird man unweigerlich an die frühen 1970er Jahre erinnert, in denen Wieland Kuijken zusammen mit seinen Brüder Sigiswald und Bart sowie mit Gustav Leonhardt richtungweisend und stilprägend auftrat. Die Zeit scheint über diesen zu Unrecht als puristisch bezeichneten Ansatz hinweggegangen zu sein, doch es tut gut, sich heute noch einmal auf grundsätzliche Probleme der Aufführungspraxis hinweisen zu lassen. Leider hat die Aufnahmetechnik die linke und die rechte Hand des Cembalos künstlich auseinandergezogen, vermutlich um zu verdeutlichen, daß das Cembalo zwei völlig selbständige Stimmen spielt. Auf solche unmusikalischen Tricks, die in den Anfangsjahren des Stereozeitalters vielleicht für Aufsehen sorgten, sollte man heute lieber verzichten.
Dr. Matthias Hengelbrock [21.10.2004]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johann Sebastian Bach | ||
1 | Suite Nr. 1 G-Dur BWV 1007 für Violoncello solo | |
2 | Suite Nr. 2 d-Moll BWV 1008 für Violoncello solo | |
3 | Suite Nr. 3 C-Dur BWV 1009 für Violoncello solo | |
4 | Suite Nr. 4 Es-Dur BWV 1010 für Violoncello solo | |
5 | Suite Nr. 5 c-Moll BWV 1011 für Violoncello solo | |
6 | Suite Nr. 6 D-Dur BWV 1012 für Violoncello solo | |
7 | Sonate Nr. 1 G-Dur BWV 1027 | |
8 | Sonate Nr. 2 D-Dur BWV 1028 | |
9 | Sonate Nr. 3 g-Moll BWV 1029 |
Interpreten der Einspielung
- Wieland Kuijken (Violoncello)
- Piet Kuijken (Cembalo)