The Art of the Vienna Horn
Naxos 8.557471
1 CD • 61min • 2003
14.05.2004
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Vor allem zwei Besonderheiten zeichnen das „Wiener Horn“ als eine spezielle Wiener Variante des Orchesterhorns aus. Erstens klingt es besonders schön, aber dafür ist es zweitens auch besonders diffizil zu blasen. Wolfgang Tomboeck, Solohornist der Wiener Philharmoniker, bei denen die Wiener Bauart des Horns nach wie vor zur Standardausrüstung der gesamten Horngruppe gehört, weiß natürlich genau, wovon er schreibt, spricht und was er spielt. Entsprechend ausführlich sind seine lesens- und wissenswerten Beiheft-Erläuterungen, wenn auch um den augenschmerzenden Preis äußerst kleiner Drucktypen auf engsten Raum gesetzt. Dennoch, der bissige Eigenkommentar zu der von ihm auserkorenen Schönheitskönigin aller Hornklänge erhöht den Respekt des Zuhörers um ein Vielfaches. So liest man leicht erschauernd: „Das Wiener Horn ist eine charismatische Bestie, die ihren Dompteur auch nach lebenslangem vertrauten Umgang unzähmbar gefährlich entgegentritt." Denn: „Auf dem (üblichen) Doppelhorn kann man Fehler mit Glück korrigieren. Auf dem Wiener Horn gibt es kein Schwindeln. Dazu kommt das gefürchtete Kicksen ..." und so weiter. Fast fürchtet man sich, den CD-Player zu starten.
Aber da wird, ganz klar, weder geschwindelt noch gekickst. Eitel Wonne entströmt der eng mensurierten, deshalb warm und weich klingenden Schallröhre, beherrscht vom virtuosen Lippenspiel und atemtechnischer Sensibilität des Meisterbläsers. Daß sich der Sohn des Hornisten, der Geiger Johannes Tomboeck als Mitglied des Wiener Staatsopernorchesters (also Wiener Philharmoniker „ante portas“) in Brahms’ klanglich schwierig auszubalancierendem Trio – Horn, Violine, Klavier – als ein anpassungsfähiger Kammermusikpartner erweisen würde, war zu erwarten. Auch die japanische Kollegin Madoka Inui am Flügel stellt sich allen virtuosen Herausforderungen ohne jeden Makel (Brahms!), läßt zugleich aber einen unüberhörbaren Hang zu einer penibel perlenden Kühle und galanten Metronomisierung in allen Allegro-Partien spüren: rasante Beethoven-Fingerfertigkeit im Opus 17 und nicht minder perfekte Schumann-Aufschwünge in dessen Opus 70 bei jeglichem Verzicht auf romantische Gefühle. Eine nicht minder herausfordernde Klangbalance erfordert auch Schuberts romantischer Liedbeitrag Auf dem Strom dank des einfühlsamen Gesanges der Sopranistin Genia Kühmeier, obwohl der Komponist im Hinblick auf den Textinhalt, aber auch in der Kombination mit dem obligaten Horn schlüssiger an das Timbre eines Tenor gedacht hat. Der Triumph des „Wiener Horns“ bleibt davon unberührt.
Dr. Gerhard Pätzig [14.05.2004]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Ludwig van Beethoven | ||
1 | Hornsonate F-Dur op. 17 | |
Franz Schubert | ||
2 | Auf dem Strom D 943 für Tenor, Horn und Klavier (op. posth. 119) | |
Robert Schumann | ||
3 | Adagio und Allegro As-Dur op. 70 für Violoncello und Klavier | |
Johannes Brahms | ||
4 | Trio Es-Dur op. 40 für Violine, Horn und Klavier |
Interpreten der Einspielung
- Wolfgang Tomboeck (Horn)
- Madoka Inui (Klavier)
- Genia Kühmeier (Sopran)
- Johannes Tomboeck (Violine)