
wergo wer 6652 2
3 CD • 2h 41min • 2000
23.04.2003
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Die Uraufführung von Hindemiths fünfaktiger Weltanschauungsoper um den kaiserlichen Mathematiker Johannes Kepler (München, 1957), vom Komponisten selbst dirigiert, war damals das, was man heute ein "Mega-Event" nennen würde. Was in der Musikwelt Rang und Namen hatte, war ins Prinzregententheater gekommen, dazu 150 Kritiker aus aller Welt, alle deutschen Sender und einige des Auslands übertrugen das Ereignis.
Doch nach der gefeierten Premiere (und einer überwiegend negativen Presse) verschwand Die Harmonie der Welt buchstäblich in der Versenkung und Generationen von Musikkritikern schlossen sich dem Verdikt Theodor W. Adornos an, der das Stück – wie Booklet-Autor Giselher Schubert argwöhnt – überhaupt nicht kannte.
Die Ersteinspielung der kompletten Bühnenfassung, den die Firma Wergo jetzt im Rahmen ihrer Hindemith-Edition vorlegt, ist der Versuch einer Rehabilitierung, der in Hinblick auf den Dirigenten und das Orchester als vollständig geglückt angesehen werden darf.
Marek Janowski am Pult des RSB gewinnt Hindemiths spröder Sachlichkeit und distanzierter Handwerklichkeit bei aller Klarheit momentweise auch Sinnlichkeit und emotionale Wärme ab, schafft in gewisser Weise die Quadratur des Kreises. Die auch klangtechnisch ausgezeichnete Aufnahme ist ein überzeugendes Plädoyer für einen erneuten Versuch, das Werk auch auf der Bühne zu wagen.
Dabei ist die Besetzung in einigen wichtigen Positionen problematisch. Bei der Uraufführung sang Josef Metternich, vom Stimmfach ein dramatischer italienischer Bariton, die Rolle des Kepler. In einer drei Jahre später mitgeschnittenen Konzertfassung, ebenfalls unter Leitung des Komponisten, war die Rolle seines Antipoden Wallenstein mit dem renommierten Wagner-Tenor Karl Liebl besetzt. Bei Janowski gestaltet Francois le Roux die zentrale Partie mit seinem dezidiert lyrischen Bariton und der Sensibilität des erfahrenen Liedersängers als introvertierten Intellektuellen, worüber sich diskutieren läßt. Der Opportunist und Karrierist Wallenstein, der im musikalischen Duktus oft an den "Wozzeck"-Hauptmann erinnert, gerät bei dem exzellenten Tenorbuffo Robert Wörle insgesamt doch zu harmlos. Und Sophia Larson, eine vielgefragte Turandot und Elektra, die ihren stimmlichen Zenith allerdings schon hinter sich hat, ist für Keplers junge Frau Susanna a priori eine krasse Fehlbesetzung. Überzeugender einige kleinere Rollen: Reinhard Hagen als der Zyniker Tansur, Michael Kraus als Baron Starhemberg und Michelle Breedt als Keplers Mutter Katharina.
Ekkehard Pluta [23.04.2003]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Paul Hindemith | ||
1 | Die Harmonie der Welt (Oper in fünf Aufzügen) |
Interpreten der Einspielung
- Arutjun Kotchinian (Baß)
- François Le Roux (Bariton)
- Robert Wörle (Tenor)
- Christian Elsner (Tenor)
- Michael Burt (Bariton)
- Reinhard Hagen (Baß)
- Michael Kraus (Bariton)
- Daniel Kirch (Tenor)
- Sophia Larson (Sopran)
- Michelle Breedt (Mezzosopran)
- Tatjana Korovina (Sopran)
- Egbert Junghanns (Bariton)
- Andreas Kohn (Bariton)
- Rundfunkchor Berlin (Chor)
- Rundfunk Sinfonieorchester Berlin (Orchester)
- Marek Janowski (Dirigent)