Erato 0927 43182-2
3 CD • 2h 43min • 2001
08.04.2003
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Weil die Franzosen so konservativ waren und sich strikt an Lullys Formmodell hielten, lästerte ein Zeitgenosse, es gebe seit sechzig Jahren für alle Opern im Grunde nur eine einzige Ouvertüre. Dies sollte sich mit Rameaus Zoroastre ändern: Anstelle eines Prologs übernahm hier erstmals die Ouvertüre die Exposition des Geschehens. „Der erste Teil schildert in kräftigen und düsteren Farben die barbarische Herrschaft Abramanes und die Seufzer der von ihm unterdrückten Völker. Es folgt ein Abschnitt süßer Ruhe: Die Hoffnung kehrt wieder. Der zweite Teil schildert in lebhaften und fröhlichen Farben die wohltätige Herrschaft Zoroasters und das Glück der Völker, die er aus der Unterdrückung gerettet hat“ (Vorwort des Librettos). Eine zweite Besonderheit dieser Oper ist das fast unverhüllte Portrait der Freimaurerei, wie es sich in der Darstellung von Zeremonien, Prüfungen und Reisen findet. So wird die Lehre des persischen Religionsstifters Zoroaster (Zarathustra) aus abendländischer Perspektive gedeutet; hinzu kommt, vor allem in der hier eingespielten zweiten Fassung der Oper, das obligatorische barocke Liebesdrama.
Es verwundert nicht, daß William Christie – inzwischen ein Altmeister in Sachen französischer Barockoper – dank seiner langjährigen Erfahrung nicht nur den geistigen Horizont in seiner Interpretation weit aufreißt, sondern die Dramatik ungemein treffsicher auf den Punkt bringt. Das Parlando seiner Sänger „sitzt“, das Orchester spielt gestochen scharf und unglaublich wendig, was der Aktion federnde Impulse und feurige Brillanz verleiht (vgl. den Beginn des fünften Aktes). Aus der handverlesenen Solistenriege einen Namen herauszugreifen wäre eigentlich ungerecht; dennoch muß Mark Padmore besondere Anerkennung gezollt werden, der mit seinem Haute-contre (einer sehr hohen, aber nicht falsettierenden Tenorstimme) eine wunderbare Mischung aus sensibler Lyrik und packendem Drama herbeizaubert. Zu hoffen bleibt, daß William Christie auch nach seinem (nicht ganz freiwilligen) Wechsel von Erato zu Virgin Gelegenheit bekommen wird, weitere Großprojekte dieses Kalibers zu realisieren.
Dr. Matthias Hengelbrock [08.04.2003]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Jean-Philippe Rameau | ||
1 | Zoroastre |
Interpreten der Einspielung
- Mark Padmore (Zoroastre - Tenor)
- Nathan Berg (Abramane - Baß)
- Gaelle Méchaly (Amélite - Sopran)
- Anna Maria Panzarella (Érinice - Sopran)
- Francois Bazola (Narbanor - Baß)
- Matthieu Lécroart (Zopire - Baß, La Vengeance - Baß)
- Éric Martin Bonnet (Oromasès - Baß, Ariman - Baß)
- Stéphanie Révidat (Céphie - Sopran)
- Les Arts Florissants (Orchester)
- William Christie (Dirigent)