cpo 999 909-2
2 CD • 2h 01min • 2002
17.01.2003
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
In der Musikgeschichtsschreibung existiert Franco Alfano (1876-1954) nur als durchaus umstrittener Vollender von Puccinis Turandot. Seine eigenen Opern, einst äußerst erfolgreich, werden auch an italienischen Bühnen nur noch selten gespielt. Am ehesten konnte sich die in veristischer Manier geschriebene Tolstoj-Vertonung Risurrezione (Auferstehung, 1904) im Repertoire behaupten, doch das musikalisch ambitioniertere Hauptwerk Cyrano de Bergerac (1936) spielte dort immer eine Außenseiterrolle. Auch eine glanzvolle Reprise an der Mailänder Scala mit Ramon Vinay in der Titelrolle (1954) konnte daran nichts ändern.
Die findige Kieler Dramaturgie hat das Werk in der vergangenen Spielzeit wieder ausgegraben und der Erfolg der Aufführung belegt, daß es sich dabei neben den in der gleichen Epoche entstandenen Opern Sly von Ermanno Wolf-Ferrari und La fiamma von Ottorino Respighi um einen der wichtigsten Beiträge zum italienischen Musiktheater in der Vorkriegszeit handelt.
Henri Cain, der schon für Jules Massenet als Librettist tätig war, hat das Versdrama Edmond Rostands ohne wesentliche Verluste der poetischen Substanz für die Opernbühne eingerichtet. Die Uraufführung in Rom fand allerdings in einer italienischen Übersetzung statt, der erst drei Monate später in Paris die Premiere der Originalfassung folgte. In der Komposition findet Alfano, der sich der französischen Kultur und Musik sehr verbunden fühlte, einen eigenen goldenen Mittelweg zwischen den Polen Puccini und Debussy, ohne dabei epigonal zu wirken. In den Duetten zwischen Cyrano und Roxane schwelgt und schmachtet er in Kantilenen bester italienischer Operntradition, während das Orchester allen erdenkbaren impressionistischen Stimmungszauber entfaltet. Die Mischung geht insgesamt auf, nur vereinzelt gibt es Durststrecken, auf denen die Inspiration des Komponisten nachläßt.
Die verdienstvolle Ausgrabung der Kieler Oper, die sich des französischen Originals bedient, kann – mit Einschränkungen – auch als Klangkonserve bestehen. Das liegt vor allem an den Kieler Philharmonikern, die unter Markus Franks Leitung mit Sensibilität und Delikatesse musizieren. Im sängerischen Bereich sind Abstriche zu machen. Roman Sadnik als Cyrano überzeugt mit plastischer Diktion und scharfer Charakterisierung darstellerisch mehr als stimmlich, wo er zumal in der Höhe deutliche Grenzen erkennen läßt. Auch Manuela Uhl weiß mit ihrem sinnlichen, dunklen Sopran den Charakter der Roxane zu suggerieren, gerät aber bei stärkerer Anspannung der Stimme bedenklich ins Flackern. Irritierender noch ist die Leistung des Baritons Wolfgang Newerla (de Guiche), der erst vor zehn Jahren seine Karriere begann, dessen unkontrolliertes Vibrato aber einen wenigstens 60jährigen Sänger vermuten läßt.
Ekkehard Pluta [17.01.2003]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Franco Alfano | ||
1 | Cyrano de Bergerac |
Interpreten der Einspielung
- Manuela Uhl (Roxane - Sopran)
- Jennifer Arnold (La Duègne - Mezzosopran)
- Susanne Bernhard (Lisa - Sopran)
- Roman Sadnik (Cyrano - Tenor)
- Wolfgang Newerla (De Guiche - Bariton)
- Simon Pauly (Carbon - Bariton)
- Paul McNamara (Christian - Tenor)
- Matthias Klein (Ragueneau - Bariton)
- Bernd Gebhardt (Le Bret - Baß)
- Konstantin Heintel (Lignière - Bariton)
- Opernchor Kiel (Chor)
- Philharmonisches Orchester Kiel (Orchester)
- Markus L. Frank (Dirigent)