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Besprechung CD

EMI 5 57360 2

2 CD • 2h 12min • 2001

17.09.2002

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 6
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 6

Die letzte Studioeinspielung des Mittelstücks von Verdis „Trilogia popolare“, Il Trovatore, liegt schon einige Jahre zurück – kein Wunder, braucht man doch für diese Oper nach der Forderung Enrico Carusos die „vier besten Sänger der Welt“. Nun hat sich für die EMI Antonio Pappano mit dem London Symphony Orchestra an eine neue Aufnahme des Werks gewagt. Zumindest drei der aufgebotenen Solisten zählen, wenn schon nicht zu den besten, so doch immerhin zu den derzeit berühmtesten Sängern der Welt: Roberto Alagna in der Titelrolle, Angela Gheorghiu als Leonora, Thomas Hampson als Luna. Ergänzt wird dieses Star-Trio durch Larissa Diadkova als Azucena.

Seit der von Nikolaus Harnoncourt geleiteten Aida-Aufnahme, die letztes Jahr herauskam, scheint sich zumindest in Studioproduktionen von Verdi-Opern eine neue Tendenz zu entwickeln: da die genuin dramatischen Sänger für diese Opern dünn gesät sind, besetzt man sie mit eigentlich zu leichtgewichtigen Stimmen. Das Ganze wird dann als neuer, noch nie dagewesener Verdi-Stil gepriesen, erstmals sozusagen „Verdi light“. Statt Materialfeste und Stentororgien zu feiern wie sie seinerzeit Mario del Monaco & Co geboten haben, sucht man nun dem Verdi der subtilen, leisen Töne auf die Spur zu kommen. Keine schlechte Idee – an sich. Nur, wenn man schon einen lyrischen Bariton wie Thomas Hampson als Luna einsetzt, dann sollte man von ihm auch fordern, dass er seine spezifischen stimmlichen Stärken einbringt: piano-Kultur, Phrasierungseleganz, Stilsicherheit und Textbezogenheit des Singens. Schon vom Beginn seiner Arie an leistet sich Hampson Manieriertheiten und sentimentale Drücker. Und dann verfällt er viel zu früh in das von den meisten Baritonen bevorzugte Dauerforte, setzt sich über Verdis mehrfache Vortragsbezeichnungen „dolcissimo“ und „pianissimo“ hinweg. Damit verschenkt er die Kontrastwirkung zwischen der ganz lyrisch, fast wie ein Gebet gehaltenen Arie und dem dann heftig losbrechenden forte der Cabaletta, in der Verdi explizit „ardito assai“ und „tutta forza“ vorschreibt. Letztlich bleibt Hampson unter seinen Möglichkeiten und bietet nicht mehr als eine Durchschnittsleistung.

Überzeugender als Thomas Hampson auf dieser von Antonio Pappano dynamisch und mit energischem Zugriff dirigierten Neuaufnahme präsentiert sich die Russin Larissa Diadkova als Azucena. Sie verfügt über genügend dramatische Reserven und Durchschlagskraft, um dieser bizarren und geheimnisvollen Frauenfigur entsprechendes Großformat zu verleihen.

Der Hauptgrund für die Produktion dieses neuen Trovatore dürfte für die EMI darin bestanden haben, das höchst populäre und absatzträchtige “Traumpaar” der Opernszene Roberto Alagna und Angela Gheorghiu in einer weiteren Gesamtaufnahme zu präsentieren – nach Donizetti, Gounod und Puccini nun also mit Verdi. Alagnas Tenorpartien zählen im Stimmtypus zum Fach des Spintotenors und im Rollencharakter zu den Haudegen und Herzensbrechern, seinen eigentlichen Vorlieben. Ein neuer Giuseppe di Stefano, Mario del Monaco oder Franco Corelli möchte er sein. Ob er in diese Tenorgenealogie gehört, darf allerdings bezweifelt werden. Ein anderes Problem ist seine Partnerin. Denn die zu diesen Tenorrollen gehörenden Sopranpartien überschreiten fast allesamt Angela Gheorghius stimmliche Reichweite. Die Leonora im Trovatore ist zwar noch nicht so dramatisch konzipiert wie ihre spätere Namensvetterin in La forza del destino, sie enthält durchaus noch erhebliche Anteile verzierten und agilen Singens; dennoch werden dem Sopran, etwa in den Cabaletten, auch ekstatische Liebesbekenntnisse und emphatische Leidenschaftsausbrüche abverlangt. Gheorghius rein lyrischer Koloratursopran besäße in solchen Passagen für einen Theaterraum nicht genügend Projektionsfähigkeit und Schallkraft. Im stimmfreundlichen und stimmschonenden Studio indes herrschen andere Bedingungen. Und wenn ein Sopran sich so phonogen zeigt, das heißt, so perfekt vom Mikrofon einzufangen ist wie der der Rumänin, dann führt dies auch zu sehr respektablen Ergebnissen.

Die geschmackssichere Intensität der Darstellung und der subtile musikalische Instinkt, die sie auszeichnen, zählen allerdings im Gesangsstil ihres Partners Roberto Alagna nicht zu den Prioritäten. Was an seinem Singen verärgert, ist die Tatsache, dass er zwar über einen durchaus attraktiv timbrierten Lirico-Spinto-Tenor verfügt (mit dem Akzent auf lirico!), auch respektable technische Fähigkeiten besitzt, aber leider von letzteren viel zu inkonsequent Gebrauch macht. Dass der Gesamteindruck seiner Darbietungen fast stets weniger ergibt als die Summe ihrer einzelnen guten Voraussetzungen, liegt ganz wesentlich am unbekümmerten, manchmal rücksichtslosen Umgang Alagnas mit den musikalischen und gesanglichen Details. Hinzu kommt, dass er in der Selbsteinschätzung seines stimmlichen Formats, das eher lyrisch als dramatisch einzustufen ist, nicht eben von Minderwertigkeitskomplexen geplagt wird: wie man hört, plant er für das Jahr 2004 sein Rollendebüt als Otello.

Auch in seinem Porträt des Manrico mischen sich vielversprechende Ansätze mit Oberflächlichkeiten und Schlampereien. Klangschöne Mezzavoce-Töne stehen neben rauh und kehlig wirkenden, forcierten hohen Tönen, die als stimmathletische Kraftakte beeindrucken mögen, aber als künstlerische und musikalische Leistungen kaum überzeugen.

Kurt Malisch † [17.09.2002]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Giuseppe Verdi
1Il Trovatore (Oper in vier Akten nach dem spanischen Drama des Antonio Garcia Gutiérrez von Salvatore Cammarano)

Interpreten der Einspielung

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