LSO Live LSO0030
1 CD • 72min • 2002
10.09.2002
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Die Sinfonien Nr. 11 und 12 von Dmitri Schostakowitsch genießen keinen guten Ruf. In der Sowjetunion galten sie einst als Musterbeispiele für „sozialistischen Realismus“. Alles freilich ist relativ: Gerade die Elfte, durch den Untertitel Das Jahr 1905 unmissverständlich definiert, lässt sich mehrdeutig lesen. Die brutale Unterdrückung der Menge, die 1905 dem Zaren eine Bittschrift überreichen wollte, kann auch – so Solomon Vokow in seiner „Zeugenaussage“ – als Allegorie des niedergeschlagenen Ungarn-Aufstandes gelesen werden. Freilich zitiert der Komponist russische Volks- und Revolutionslieder. Und gerät zumindest in den beiden ersten Sätzen in die Nähe dessen, was man illustrative (Film-)Musik nennt.
Dennoch, das Werk ist unverkennbarer Schostakowitsch – gerade in seiner Flächigkeit (der Eröffnungsteil zwanzig Minuten lang im pianissimo) wie in der frappanten Plakativität. Mstislav Rostropowitsch hatte einst dem Komponisten das Versprechen gegeben, alle 15 Sinfonien einzuspielen. Die einschlägige Gesamtaufnahme erschien bereits um 1990. Jetzt also nochmals die Elfte, live mit dem London Symphony Orchestra aufgezeichnet; und zwar in der Barbican Hall, akustisch nicht das allerbeste Umfeld. Rostropowitsch erweist sich einmal mehr als Gefühlsmusiker – mit Tendenz zu epischer Breite und Pathos. Die metronomisierte Partitur sieht 57 Minuten vor, eine Zeit, an die sich etwa Kyrill Kondraschin hält. Rostropowitsch dagegen braucht über 72 Minuten; die Spannung droht zwischendurch zu zerbröckeln.
Mario Gerteis † [10.09.2002]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Dimitri Schostakowitsch | ||
1 | Sinfonie Nr. 11 g-Moll op. 103 (Das Jahr 1905) |
Interpreten der Einspielung
- London Symphony Orchestra (Orchester)
- Mstislaw Rostropowitsch (Dirigent)