Night Songs

Decca 467 697-2
1 CD • 73min • 2000/01
01.10.2001
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Eine blütenreine Stimme, so honigsüß und anschmiegsam, daß man leicht begreifen kann, daß Renée Fleming innerhalb kurzer Zeit zu hohem Kultstatus gelangt ist. Die schönste Stimme der Gegenwart, so war unlängst zu lesen. Sicher, was pure Stimmschönheit betrifft, kommt der amerikanischen Sopranistin so leicht niemand nahe, doch schon Hugo Wolf hat gewarnt: schöne Stimmen sind kalter Marmor.
Auf Renée Fleming trifft das zum Glück nicht ganz zu, denn Gefühlskälte ist ihr selbst bei schlechtestem Willen nicht nachzusagen. Sie singt mit Eindringlichkeit, hoher vokaler und musikalischer Perfektion, bemüht sich um Differenzierung im Vortrag - und doch bleibt das meiste so glatt wie ein faltenloses Gesicht, das bei aller Regelmäßigkeit doch auch den Eindruck der Leere erweckt. Auch scheint die Sängerin über die betörende Wirkung ihrer Stimme recht gut Bescheid zu wissen, denn sie führt die Töne wie kostbare Roben vor, läßt den Sternenglanz der Höhe demonstrativ erstrahlen, sie kokettiert mit den verschwebend-ersterbenden Gefühlstönen (namentlich bei den französischen Liedern). Alles ein bißchen aufgesetzt und affektiert. Ihr unantastbares großes Können zeigt sich am deutlichsten bei den Strauss-Liedern (darunter Ruhe, meine Seele und Schlechtes Wetter), für die sie alle vokalen Elemente mitbringt. Hier kann man tatsächlich von Ideal-Interpretationen reden.
Überraschend, in diesem deutsch, russisch, französisch gesungenem Programm den fast schon vergessenen österreichischen Komponisten Josef Marx (1882-1964) vorzufinden, dessen epigonale, sich an Wolf und Strauss orientierende Gesänge einst weit verbreitet waren. Am wenigsten überzeugt die Sängerin mit den Romanzen Rachmaninoffs, bei denen manchmal die Grenzen dieser scheinbar alles könnenden Stimme fühlbar werden. Jean-Yves Thibaudet bewältigt den zum Teil ausgesprochen virtuosen Klavierpart mit aller Souveränität. Das Motto Nachtlieder ist nicht immer ganz wörtlich zu nehmen. Cäcilie von Strauss beispielsweise ist nur sehr bedingt dieser Kategorie zuzuordnen.
Clemens Höslinger [01.10.2001]
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Komponisten und Werke der Einspielung
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Interpreten der Einspielung
- Renée Fleming (Sopran)
- Jean-Yves Thibaudet (Klavier)