
BIS BIS-CD-1119
1 CD • 55min • 2000
01.03.2001
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
James MacMillan, 1959 in einem Dorf in Schottland geboren, ist heute einer der erfolgreichsten jüngeren britischen Komponisten. Daß MacMillan mit der Avantgarde so gar nichts im Sinne hat, verbindet ihn mit vielen anderen Komponisten im angloamerikanischen Kulturraum. Aber im Gegensatz zu ihnen spürt man in seiner Musik auch nirgends, daß England in den sechziger Jahren vor allem im Gestischen und Rhythmischen eine ganz neue Welt-Musikkultur zu ihrem Höhepunkt geführt hatte ("Pop").
MacMillans Gestik und Rhythmik steht in einem neoklassizistischen Koordinatensystem, gelegentlich von den metrisch auflösenden Effekten der gemäßigten Moderne durchsetzt, dabei immer wieder durchtränkt von volksmusikantischen Weisen sowie historischen Liedern und Tänzen, markant hier etwa in Cumnock Fair für Streichorchester. MacMillans frappierende musikalische Direktheit, sein Kontrastreichtum und sein sehr subjektiver Zugriff gibt dem rückwärtigen Aspekt seiner Musik dabei einen persönlichen und sympathischen Tonfall. Die immer wieder zitathafte Präsenz der Musikgeschichte (etwa die Tristan-Wendungen der zweiten Sinfonie) machen es dem traditionellen Hörer leicht, aber seine Musik ist auch kein Stil-Amalgam und kein pathetischer Historismus, sondern eher der Versuch, viele Mittel der Musikgeschichte zu einer persönlichen Handschrift zu formen, auch wenn dabei manche Programmusik-Klischees wiederbelebt werden (etwa in den Militärmusik-Passagen der zweiten Sinfonie). Allerdings stört MacMillan durch die Art seiner höchst durchbrochenen Dramaturgie das zu simple, schnelle Hörerlebnis, etwa im Verlauf seiner Sinfonietta, wo sich die filmmusikalischen Klanglandschaften des Anfangsteils plötzlich schroff zersetzen.
Insgesamt überzeugt MacMillan stärker in seinen weniger heterogenen, konsequenteren Kammermusikwerken, vor allem in dem Klaviertrio Fourteen little pictures. Auch Angel und Lumen Christi berühren in ihrer sanften, unverstellten Schlichtheit. Und die Cellosonate überrascht durch ihre Dramaturgie und die Art, wie ganz verschiedene musikalische Charaktere schließlich stimmig miteinander agieren. Alles in allem ist MacMillan ein Musiker, der anrühren kann, der aber stilistisch allzu offen und unverbindlich bleibt. Die Vielseitigkeit und innere Lebendigkeit der Musik erreicht aber doch hier und da eine Umwertung der verbrauchten musikalischen Mittel.
Hans-Christian v. Dadelsen [01.03.2001]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
James MacMillan | ||
1 | Sinfonietta (1991) | |
2 | Cumnock Fair für Streichorchester und Klavier | |
3 | Sinfonie Nr. 2 (1999) |
Interpreten der Einspielung
- Graeme McNaught (Klavier)
- Scottish Chamber Orchestra (Orchester)
- James MacMillan (Dirigent)