Der Liebe Leid und Lust Franziska Heinzen • Benjamin Mead
Swiss Love, Der Liebe Leid und Lust
Solo Musica SM 477
1 CD • 72min • 2024
16.03.2025 • 8 8 8
In ihrem vierten, gemeinsam mit ihrem ständigen Klavierpartner Benjamin Mead erarbeiteten Recital widmet sich die Sopranistin Franziska Heinzen bereits zum zweiten Mal in Deutschland nur wenig bekannter Musik aus ihrer Schweizer Heimat. Das erste Album „Lieder us um Tal“, vor zwei Jahren beim Label Prospero veröffentlicht, enthielt dabei einige reizvolle Fundstücke. Dieses zweite Album, das seinen Schwerpunkt im 19. Jahrhundert hat, ist dagegen vor allem von archivarischem Interesse.
A Century of Inspiring Female Composers Mitra Kotte
Herstory, A Century of Inspiring Female Composers
Genuin GEN 25898
1 CD • 82min • 2024
15.03.2025 • 9 10 9
Mit dem Kunstwort „Herstory“ überschreibt die in Wien geborene Pianistin Mitra Kotte ein Programm, das komponierenden Frauen im 19. Und 20. Jahrhundert auf der Spur ist. Sie möchte damit „dem Publikum eine neue Welt eröffnen“ und einen seither vernachlässigten Bereich der Musik anhand von Klaviermusik erschließen. Dabei schwingt die Tatsache mit, dass es Komponistinnen in dieser Epoche sehr schwer hatten, sich gegenüber ihren männlichen Kollegen durchzusetzen. Am Beginn des Albums erklingen Stücke der Französinnen Louise Farrenc (1804 – 1875) und Emilie Mayer (1812 – 1883), die stilistisch der damals beliebten Salonmusik zuzuordnen sind.
Mit der vorliegenden Neuerscheinung gibt das Wang-Zadra Duo, bestehend aus dem Saxophonisten Zhao Wang und dem Gitarristen Roberto Zadra, sein CD-Debüt. Die beiden jungen Musiker präsentieren vier eher kompakte Werke vorwiegend aus dem 21. Jahrhundert, zwei von ihnen Originalkompositionen, die beiden anderen Bearbeitungen aus der Feder von Zadra. Am Beginn der CD steht die Sonate für Gitarre und Saxophon (2011) des US-Amerikaners Russell Peterson (Jg. 1969), selbst u.a. Saxophonist zwischen Klassik und Jazz. Davon zeugt auch seine Sonate, die in drei kurzen Sätzen zu jeweils vier Minuten deutlich vom Jazz geprägt ist, speziell in den Ecksätzen mit spannungsvoller Note und effektvoller Dramatik, kontrastiert von einem frei-elegischen Mittelsatz. Ist hier also Jazz die wesentliche Inspiration, so baut das folgende Werk des chilenischen Gitarristen Javier Contreras (Jg. 1983) auf lateinamerikanischer Folklore auf.
Antonio Vivaldi komponierte La fida ninfa 1732 für die Eröffnung des Theaters der Accademia Filarmonica von Verona, für dessen Neubau sich der adlige Universalgelehrte Francesco Scipione Maffei (1675-1755), der auch das Libretto verfasste, vehement und unter erheblichem Zuschuss von eigenen Mitteln eingesetzt hatte. Gut, dass Chiara Cattani mit dem Barockorchester Jung jetzt auf cpo einen Live-Mitschnitt vorlegt, der binnen einer einzigen Aufführung während der Innsbrucker Festwochen der Alten Musik 2023 entstand, denn die einzige höheren Ansprüchen genügende Einspielung von 2008 unter Jean Christophe Pinosi ist mittlerweile gestrichen.
Der Oboist Juri Vallentin, Jahrgang 1990, hat sich in den vergangenen Jahren rapide einen Namen gemacht; Marksteine sind u.a. der XVI. Internationale Tschaikowski-Wettbewerb 2019 (6. Platz in der Kategorie Holzblasinstrumente) sowie seine Berufung zum Professor für Oboe an der Hochschule für Musik Karlsruhe im Alter von erst 30 Jahren. Die vorliegende CD, „Rush‟ betitelt, ist sein viertes Album, und wie es für ihn charakteristisch ist, möchte Vallentin auch hier Grenzen überschreiten, ein Programm anbieten, das eigene, durchaus ungewohnte Schwerpunkte setzt. In diesem Falle bedeutet das erst einmal, dass er ein Barock-Album mit Konzerten von Platti, Marcello und Vivaldi um Arrangements von Popsongs aus jüngster Zeit ergänzt; ihm zur Seite steht dabei das ensemble reflektor.
Singknaben der St. Ursenkathedrale Solothurn • Tobias Stückelberger
Tchaka, Singknaben der St. Ursenkathedrale Solothurn • Tobias Stückelberger
Rondeau ROP6263
1 CD • 78min • 2024
11.03.2025 • 9 9 9
Es gibt die Regensburger Domspatzen, den Leipziger Thomanerchor, den Dresdner Kreuzchor, die Wiener Sängerknaben – alles traditionsreiche Knabenchöre. Und dann gibt es einen ebenso traditionsreichen Knabenchor, der etwas unter dem Radar fliegt: die Singknaben der St. Ursenkathedrale Solothurn. Dieser Knabenchor gründet auf der mittelalterlichen Schola des St. Ursenstiftes, die bereits 742 erstmals erwähnt werden, ist damit der älteste Knabenchor der Schweiz und mit einer der ältesten Knabenchöre Europas. Bis weit ins 20. Jahrhundert beschränkte sich der Chor darauf, einstimmig die lateinische Messe zu singen. Erst Peter Scherer baute ab 1971 den Knabenchor zu einem repräsentativen Chor aus, 2007 leitete Andreas Reize den Chor, der dann Leiter des Thomanerchores wurde, seit 2021 leitet Tobias Stückelberger die Singknaben von Solothurn
Ludwig van Beethoven steht hier im Zentrum einer Auswahl von Streichquartetten, die in der Zeit von 1810 bis 1812 entstanden sind. Dabei gibt sein eigenes f-Moll-Quartett op. 95 den Ton an, ein Werk, das der Komponist selbst als „Quartetto serioso“ bezeichnet hat und das seiner Meinung nach als besonderes Stück nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war.
Nordic Journey Volume XVIII, North Atlantic Voyage
Pro Organo 7316
2 CD • 13min • [P] 2024
09.03.2025 • 10 10 10
Bei Folge 17 seiner „Nordic Journey“ ist der amerikanische Organist James D. Hicks mittlerweile angelangt. Wie auf den vorigen 16 CDs widmet sich Hicks alter und neuer Orgelmusik aus nordischen Gefilden – wobei der Begriff zuweilen eher weit als eng gefasst ist. Das Baltikum ist beispielsweise mit einigen Komponisten vertreten, ebenso wie Norddeutschland. Folge 17 aber besinnt sich auf die Kerngebiete: Schottland, Dänemark inklusive der Faröer, Island und Norwegen. Das ist zuweilen durchaus weit gefasst, etwa wenn der amerikanische Komponist Aaron David Miller eine effektvolle North Atlantic Fanfare oder der Norweger Mons Leidvin Takle Arrangements von Stücken Oscar Petersons beisteuern. Insgesamt ist die Mischung aber ebenso spannend wie abwechslungsreich, dies insbesondere, weil nicht wie sonst so oft die üblichen Schlachtrösser des Repertoires aneinandergereiht werden, sondern Hicks wirklich echte Raritäten ausgräbt oder – auch das eine spannende Angelegenheit – neue Werke in Auftrag gibt.
Arsenis Selalmazidis, Violin • Tamara Elizbarashvili, Piano
Capriccio Malinconico, Arsenis Selalmazidis, Violin • Tamara Elizbarashvili, Piano
Ars Produktion ARS 38 678
1 CD • 57min • 2021
08.03.2025 • 8 8 8
Der griechische Geiger Arsenis Selalmazidis ist beim Sinfonieorchester Münster als Erster Konzertmeister engagiert. Für sein Debütalbum hat er Werke von Fauré, Schnittke und Ravel ausgewählt, denen er drei Eigenkompositionen gegenüberstellt. Seine Klavierbegleiterin ist die georgische Pianistin Tamar Elizabarashvili. Als roten Faden zwischen den stilistisch sehr verschiedenen Stücken empfindet Selalmazidis deren melancholischen Charakter. Ernst und gelassen wirkt sein eigenes, titelgebendes Capriccio Malinconico, das im Gewand einer barocken Partita daherkommt. Tatsächlich melancholisch klingt anschließend Gabriel Faurés vielfach bearbeitetes Harfenlied Après un rêve. Die Fassung für Geige und Klavier bietet Selalmazidis Gelegenheit, elegische, weit ausholende Melodielinien mit geschmackvoll-dezentem Vibrato zu spinnen.
Obwohl Bach als ausübender Musiker eine Vielzahl Instrumente beherrschte, spielte er die Laute nicht. Dennoch hat er ein zwar kleines, aber exquisites Œuvre für das Instrument hinterlassen, und seine idiomatische Vertrautheit mit der Laute dürften nicht zuletzt Ratschläge des bedeutenden Lautenisten Silvius Leopold Weiss (1687-1750), mit dem Bach freundschaftlich verbunden war, befördert haben. So sind Bachs Kompositionen für Laute solo, von denen Jadran Duncumb hier seine zweite Einspielung vorlegt, als bedeutendes Beispiel spätbarocker Literatur für dieses empfindsame Instrument zu werten, bevor es im weiteren musikalischen Schaffen des 18. Jahrhunderts in eine gründliche Vergessenheit geriet – erst mit der historisch informierten Musikbewegung der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts konnte die reiche Literatur für die Laute wieder eine angemessene Wertschätzung erreichen.
Musik für Trompete & Klavier Helmut Fuchs, Trompete • Lilly Zhan-Sowa, Klavier
Von Wien nach Dresden, Musik für Trompete & Klavier
Thorofon CTH2685
1 CD • 77min • 2024
06.03.2025 • 9 10 9
Die Konzeption dieser CD ist komplex: Helmut Fuchs, der aus Salzburg stammende Solo-Trompeter der Sächsischen Staatskapelle Dresden, wollte wohl mit der aus China stammenden und in Salzburg lebenden Pianistin Lilly Zhang-Sowa zusammen ein Album konzipieren. Allerdings ist das Repertoire für Trompete/Klavier ist nicht besonders eindrucksvoll. Helmut Fuchs ist aber musikhistorisch fündig geworden: Karl Pilß (1922-1979), in Wien geboren und lebend, war ein Pianist und Komponist, der den Staatsopernchor in Wien geleitet hatte, an der Staatsoper Solokorrepetitor und bei den Salzburger Festspielen Studienleiter war. Er hat ein Trompetenkonzert komponiert, wie auch Oskar Geier (1889-1952). Der „missing link“ der beiden Komponisten ist Richard Strauss: Pilß arbeitete mit Strauss zusammen, als der Direktor der Wiener Staatsoper war, Geier war Bratschist in der Sächsischen Staatskapelle Dresden, die auch von Strauss geleitet wurde – daher der CD-Titel „Von Wien nach Dresden“.
Es ist höchst erfreulich, dass die Streichquartett-Literatur nach wie vor durch hervorragende Komponisten um neue Meisterwerke bereichert wird. Spontan fallen mir aus jüngerer Zeit das bislang einzige Quartett Al-Asr des genialen jungen Franzosen Benjamir Attahir oder das erst kürzlich uraufgeführte Quartett Nr. 8 des deutschen Altmeisters Roland Leistner-Mayer ein. Als echte Bereicherung des Repertoires dürfen auch die bislang vier Streichquartette des 1964 geborenen Schweizers Fabian Müller gelten, von denen die drei letzten auf dem vorliegenden Album des Galathea-Quartetts zu hören sind. (Das Streichquartett Nr. 1 wurde bereits 2008, als die nachfolgenden noch nicht existierten, vom Petersen-Quartett für Capriccio aufgenommen.)
Complete piano sonatas • Sonatas K. 326 – K. 357 Christoph Ullrich, piano
Domenico Scarlatti, Complete piano sonatas • Sonatas K. 326 – K. 357
Tacet 279
2 CD • 2h 05min • 2023
04.03.2025 • 9 10 9
Der Pianist Christoph Ullrich ist mit seinem Unternehmen, sämtliche 555 Klaviersonaten von Domenico Scarlatti einzuspielen, beim zehnten Album mit den Nummern 326 bis 357 nach dem Verzeichnis von Ralph Kirkpatrick angekommen. Er spielt auf einem modernen Steinway-Konzertflügel statt auf einem Cembalo oder Hammerflügel, so dass man natürlich nicht von historischer Aufführungspraxis sprechen kann. Wenn man die Frage stellt, wie weit Ullrich die Möglichkeiten des heutigen Instruments nutzt, so lautet die Antwort: nur in engem Rahmen.
Franz Anton Hoffmeister, Concoert for 2 Horns • 2 Symphonies
cpo 555 417-2
1 CD • 68min • 2020
03.03.2025 • 10 10 10
Johannes Moesus und sein Südwestdeutsches Kammerorchester Pforzheim beweisen einmal mehr ihre Affinität zur deutsch-österreichischen Musik um 1800. Diesmal haben sie zwei Sinfonien und ein aberwitzig virtuoses Konzert für zwei Hörner von Franz Anton Hoffmeister aufs Programm gesetzt. Sie retten damit drei heitere, unbedingt hörenswerte und gute Laune stiftende Werke vor der Vergessenheit. Eine CD, die einem trübe Wintertage erhellen kann!
Nordic Treasures, Katharina Sames \ Flute • Mari Inoue \ Piano
Ars Produktion ARS 38 513
1 CD • 58min • 2024
02.03.2025 • 10 9 9
Das Cover zeigt einen verschneiten Hügel und türkisgrün schimmernde Polarlichter – Klischees, die wir mit dem Begriff „nordisch“ verbinden. Die Flötistin Katharina Sames und die Pianistin Mari Inoue entfalten auf ihrem Album „Nørdic Treasures“ ein facettenreiches Mosaik skandinavischer Klänge. Die Werke stammen überwiegend aus dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert – jener Zeit also, als die skandinavischen Komponisten ihre Folklore entdeckten und nationalromantische Stile ausprägten.
Georg Österreich's Resurrected Treasures, North-German Cantatas Around 1700
Etcetera KTC 1819
1 CD • 76min • 2024
01.03.2025 • 10 10 10
Die größte Sammlung von Vokalmusik um 1700 in Mitteleuropa ist die von Georg Österreich (1664-1735). Bekannt ist sie aber unter dem Namen ihres Nachbesitzers Heinrich Bokemeyer (1679-1751). Bokemeyer wurde in Immensen geboren, studierte an der Universität Helmstedt Theologie, Literatur und Medizin, wonach er für seine Gelehrsamkeit berühmt wurde, wurde 1704 Kantor der Martinuskirche in Braunschweig, dann 1712-1717 in Husum, ab 1717 war er an der fürstlichen Schule in Wolfenbüttel tätig. Sein Lehrer war Georg Österreich, von dem er dessen Sammlung erwarb
Das Tafelklavier war vor allem im 18. und 19. Jahrhundert ein äußerst beliebtes Instrument. Es ist nicht nur „quadratisch, praktisch, gut“, es macht sich dekorativ und eignet sich als Möbelstück ebenso wie als Übungsinstrument. Mit dem Aufkommen kompakter Klaviere und später von elektronischen Tasteninstrumenten und auch durch eine fortschreitende musikalische Entwicklung kam es leider völlig aus der Mode. Inzwischen werden solche Instrumente aber durchaus wieder geschätzt und zwar nicht nur bei Verfechtern der Alten Musik. Ein schönes Beispiel hierfür ist diese Einspielung die Michael Tsalka und Diane Weston aufgenommen haben, und die Musik für Tafelklavier (englisch: Square Piano) mit Musik für Cembalo kombiniert.
Zwischen Himmel und Erde, Messiaen | Webern | Finzi | Strauss
hänssler CLASSIC HC23075
1 CD • 64min • 2024
27.02.2025 • 8 8 8
Der deutsche Titel dieses Albums mit vier französischen und deutschen Liederzyklen bezieht sich auf den ersten Block des Programms, den Olivier Messiaen bestreitet, kann aber auch als Schirmbegriff über den übrigen Beiträgen stehen. Auch wenn es sich hier nicht um ein explizites Themen-Programm handelt, lassen sich Querverbindungen zwischen den Werken durchaus herstellen.
Schubert Brahms Martin Milan siljanov, Nino Chokhonelidze
Echoes of Eternity, Schubert Brahms Martin
Prospero Classical PROSP0103
1 CD • 57min • 2022
26.02.2025 • 10 10 10
Der als Sohn persisch-mazedonischer Eltern in der Schweiz geborene Sänger Milan Siljanov wählte für sein neues Lieder-Album den ernsten Titel „Echoes of Eternity“, um auf den Sinngehalt seiner Lieder-Auswahl hinzuweisen: es geht um Leben und Tod, um die Hoffnung, dass es für den Menschen „eine Weiterführung in eine ferne Ewigkeit“ gibt. Schubert-Lieder wie Am Bach im Frühling oder Auf der Donau sind bei tieferer Betrachtung düster und traurig gestimmt, und dieser Eindruck steigert sich noch bei Gesängen wie Fahrt zum Hades oder Gruppe aus dem Tartarus. Doch es gelingt dem Interpreten, seinen warmen, wandlungsfähigen Bariton bei klarer Diktion so eindringlich und spannungsreich einzusetzen, dass begeisternde Musik entsteht. Die aus Tiflis stammende Pianistin Nino Chokhonelidze leistet mit variablem Anschlag und starkem Einfühlungsvermögen das ihre, um die Lieder anziehend zu gestalten.
Die Aufnahme der 2015 entstandenen 2. Symphonie des lettischen Komponisten Rihards Dubra (Jahrgang 1964) hatte den Rezensenten aufhorchen lassen: Eine vielschichtige Musik, die auf bis ins Barock zurückgehenden, unterschiedlichen Geisteshaltungen aufbaut, dennoch mit durchaus verschiedenen Techniken ein konsistentes Klangpanorama erzeugt, zudem mit bewusstem Tiefgang. Dubra – in den 1990er Jahren auch selbst als Organist in Riga tätig – lebt in Teilen seiner Orgelmusik eine sehr persönliche Haltung zu den Mysterien des Katholizismus aus, bedient aber daneben ebenso ganz traditionelle Formen. Auf der neuen Doppel-CD teilt sich das Organisten-Ehepaar Ilze und Aigars Reinis sämtliche bislang – zwischen 1995 und 2023 – entstandenen Werke für dieses Instrument auf.
Johann Franz Xaver Sterkel, Piano Quartet • 2 Piano Trios
cpo 555 499-2
1 CD • 71min • 2021
24.02.2025 • 9 10 9
m Garten der Städtischen Musikschule Aschaffenburg steht auf einer Marmorstele eine Büste, auf einem Glasschild ist notiert: Johann Franz Xaver Sterkel / (1750 – 1817) / Großherzoglicher Musikdirektor in / Aschaffenburg / Pianist / Komponist. Damit ist in aller künstlerischer Kürze Sterkels Leben und Bedeutung formuliert. Er wurde in Würzburg geboren, studierte Musik, dann auch Theologie, wurde Organist und Vikar am Kollegiatstift Neumünster in Würzburg, wurde gefördert vom Würzburger Fürstbischof Adam von Seinsheim und dann vom Mainzer Kurfürst Friedrich Karl Joseph von Erthal als „Hofklaviermeister“ und als Vikar engagiert. Erthal schickte Sterkel auch nach Italien, „zur Verfeinerung seines Kompositionsstils“. In Neapel wird eine Oper von ihm aufgeführt, in Bologna verbringt er viel Zeit mit dem berühmten Padre Martini.
Geht es um Beethovens späte Klaviersonaten, bekommen Musikliebhaber glänzende Augen. Die Werke haben eine ganz eigene Aura und mystische Expressivität. In Bezug auf Ausdrucksintensität und formale Architektur hebt der ertaubte Komponist sein Spätwerk hier auf ein neues Niveau.Tomoko Ogasawara, Klavier-Dozentin der Musikhochschule Freiburg, hat für das Label Genuin die letzten drei Klaviersonaten op. 109, op. 110 und op. 111 eingespielt. Wer sich dieser Mammutaufgabe stellt, muss mit den Legenden der Plattengeschichte wetteifern. Abgesehen von den spieltechnischen Herausforderungen gilt es, die emotionale Tiefe und ihre transzendentale Dimension der Musik zu erfassen.
Thomas Hampson • Claudio Vandelli • Würth Philharmoniker, Brahms | Glanert • Brahms • Schubert | Brahms • Mendelssohn Bartholdy
hänssler CLASSIC HC24021
1 CD • 66min • 2024
22.02.2025 • 8 8 8
Dieses Album sollte eigentlich mit „Brahms-Bearbeitungen“ betitelt sein, es trägt aber in Großbuchstaben den Titel „THOMAS HAMPSON“, zusammen mit der Abbildung von dessen Halb-Porträt. Dies verschiebt die (eigentlich) gut durchgeplante Thematik der CD hin in Richtung Star-Kult. Brahms bearbeitet Schubert und Haydn, Detlev Glanert bearbeitet Brahms – das ist das Hauptthema. Wenn dann als „Bonus-Track“ (so der Dirigent Claudio Vandelli) Mendelssohns Hebriden-Ouvertüre hinzugefügt wird, liegt dies nicht auf der Linie des Themas. Warum nicht stattdessen Brahms‘ Akademische Festouvertüre, worin Brahms ebenfalls etwas bearbeitet, nämlich Studentenlieder?
„Es gibt wohl in der Reger-Nachfolge kaum eine subtilere und dabei gemütswärmere Musik als diese“ – so schreibt Klaus Wolters in seinem meinungsfreudigen, manchmal durchaus kontroversen, aber stets anregenden Handbuch der Klavierliteratur zu zwei Händen über die Klavierwerke von Joseph Haas (1879–1960). Vor gut 20 Jahren hat sich die Pianistin Gerit Lense einiger dieser Werke angenommen; seinerzeit erschienen zwei CDs beim verdienstvollen, mittlerweile aber leider nicht mehr existenten Label Cavalli Records. Umso erfreulicher ist daher, dass mit dem vorliegenden Album die erste dieser beiden CDs bei Ars Produktion wiederveröffentlicht wird.
Musica Instrumentalis Imperialis, Festive Sonatas from Imperial Vienna
cpo 555 520-2
1 CD • 79min • 2024
20.02.2025 • 8 10 8
Unterstützt vom Streicherensemble Arcus adiunctis legt das Danziger Naturtrompeter-Ensemble Tubicinatores Gedoniensis eine Sammlung von Werken für Trompeten und Streicher aus dem kaiserlichen Wien des Spätbarock größtenteils in Ersteinspielungen vor. Dies könnte interessant sein, wären die Werke nicht überwiegend von routinierter Epigonalität, die zu häufig Partimento-Modelle reproduziert, die damals als Strickmuster im Kompositionsunterricht wirkten, und insgesamt etwas kleinmeisterlich wirkt. Darüber kann selbst stilsicherstes und brillantestes Musizieren nicht hinwegtäuschen.
Recorder Concertos from Sanssouci, Isaac Makhdoomi • Ensemble Piccante
Prospero Classical PROSP0112
1 CD • 61min • 2024
19.02.2025 • 9 9 9
Es ist allgemein bekannt, dass der Hof am Schloss Rheinsberg zu Zeiten Friedrichs des Großen als Kronprinz ein „Musenhof“ war: Ganz im Gegensatz zu seinem Vater Friedrich Wilhelm I., dem „Soldatenkönig“, war Friedrich den Künsten zugeneigt und selbst ein begeisterter Solist auf der Traversflöte. Sein kleines Hofensemble schmückte er mit hervorragenden Musikern wie beispielsweise Carl Philipp Emanuel Bach (1714-1788): Der zweitälteste Sohn von J. S. Bach galt als hervorragender Cembalist; Friedrich engagierte ihn 1738 an seine Rheinsberger Kapelle, und ab 1741 wirkte Bach als Konzertcembalist in der Hofkapelle Friedrichs II., der im Jahr zuvor seinem Vater als preußischer König nachgefolgt war.
Es sah zuerst gar nicht gut aus für das groß angelegte Vokalwerk The Dream of Gerontius, das am 3. Oktober 1900 in der Birmingham Town Hall im Rahmen des Birmingham Festivals aus der Taufe gehoben wurde und das der Komponist Edward Elgar am Ende der Partitur mit den Worten „This is the best of me“ versehen hatte. Obwohl der berühmte Dirigent Hans Richter am Pult stand, gab es offenbar zu wenige Proben und die Sänger sollen sehr schlecht gewesen sein. Entsprechend verhalten war die Aufnahme bei Publikum und Presse. Erst spätere Aufführungen in anderen Städten ließen den Rang der Komposition erkennen, die seither als ein Meilenstein in der Geschichte der Chormusik gilt.
The Cosmos of Paul Ben-Haim, Orchestral & Chamber Music
cpo 555 621-2
2 CD • 2h 22min • 2023
17.02.2025 • 10 10 10
Der 1897 als Paul Frankenburger in München geborene Komponist hatte sich bereits vor der Emigration 1933 nach Palästina musikalisch zu seinen jüdischen Wurzeln bekannt. Doch erst dort – wo er sich auch in Ben-Haim umbenannte - lernte er, vor allem durch die jemenitische Sängerin Bracha Zephira, echte Volksmusik sephardischer Herkunft kennen, die dann zunehmend sein Werk bestimmen sollte. So gesehen ist der Titel des von der Geigerin Liv Migdal kuratierten neuen cpo Doppelalbums „The Cosmos of Paul Ben-Haim‟ etwas irreführend, denn die hier eingespielte Musik lässt den noch stark an Wagner und vor allem Mahler orientierten Stil des jungen Komponisten außer Acht.
Contrepoings Musique classique, contemporaine et improvisée
Patrick-Astrid Defossez, Contrepoings
CiAr Classics CC 018
1 CD • 70min • 2022, 2023, 2024
16.02.2025 • 7 10 8
Der belgische Komponist und Pianist Patrick-Astrid Defossez, Jahrgang 1959, versteht sich als Grenzgänger zwischen Klassik und Jazz, Komposition und Improvisation, klassischem Instrumentarium und elektronischen Klängen, ein Ansatz, der von ihm selbst auch mit dem Schlagwort „pluriästhetisch“ versehen wird. Auf seinem neuen Album, Contrepoings überschrieben, ist er zusammen mit Anne-Gabriel Debaecker (Schlagzeug inklusive Kristallklangschalen und Elektronik) sowie dem Pianisten Jérémie Favreau zu erleben. Das Programm umfasst vor allem Werke von Defossez selbst, bezieht aber auch Musik von Claude Debussy und Albert Roussel mit ein.
Der Pianist Hebert Schuch fragt in seinem Beiheft-Text, warum eine weitere Aufnahme der Brahms-Klavierkonzerte nötig sei. Seine Antwort: „Erfahrung sammeln im Spiel dieser Werke für ein Publikum“. Man spürt bei der Aufnahme, dass sich der Solist gemeinsam mit dem Dirigenten Tung-Chieh Chuang und den Bochumer Symphonikern gründlich Gedanken um Sinn und Bedeutung der beiden “Brocken“ gemacht und dabei intensives Einfühlungsvermögen gezeigt hat. Das enge Zusammenwirken spricht gleichsam aus jedem Takt, wobei auch manche Freiheiten zu verzeichnen sind, die über das im Notentext Stehende hinausgehen.