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Besprechung CD

Johann Strauss

Waldmeister

cpo 555 701-2

1 CD • 75min • 2025

10.11.2025

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 8
Klangqualität:
Klangqualität: 8
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 8

Im Spätherbst seiner Karriere war dem Walzerkönig Johann Strauß (Sohn) noch einmal ein großer Operettenerfolg vergönnt, der ihn jedoch nicht überlebte. Waldmeister (1895) hat nun im Zuge der Feierlichkeiten zu seinem 200. Geburtstag in München (und später Wien) in einer Produktion des Münchner Gärtnerplatztheaters eine neue Chance bekommen, die wohl auch genutzt wurde. Der von cpo veröffentlichte Mitschnitt vermittelt zumindest eine Ahnung davon.

Verquastes Libretto

Das Libretto zu dieser Operette schrieb der ehemalige Offizier und Journalist Gustav Davis, der später als Gründer der Kronen-Zeitung, des bis heute führenden österreichischen Boulevardblatts, in die Zeitungsgeschichte einging. Auf sehr umständlichen, vielfach verschlungenen dramaturgischen Pfaden wird da eine relativ simple Story erzählt: Oberforstrat Tymoleon Gerius steht vor der Hochzeit mit Freda, der Tochter des Amtshauptmanns Heffele und seiner Frau und Hobbybotanikerin Malwine, verliebt sich aber kurz davor in die Sängerin Paulina Garlandt, während die Braut dem Charme des Forststudenten Botho erliegt. Nicht der Champagner wie in der Fledermaus, sondern eine Waldmeisterbowle sorgt im zweiten Finale dafür, dass die gesellschaftlichen Masken und Hüllen fallen. Der Intendant und Regisseur Josef E. Köpplinger, der sich für das Sujet anfangs gar nicht begeistern konnte, hat dann für das Gärtnerplatztheater eine neue Fassung geschrieben, in der die Handlung aus dem Sachsen der Kaiserzeit in den Wienerwald der 50er Jahre verlegt und als ironisierte Heimatoperette à la Im weißen Rößl präsentiert wird.

Kostbare Musik

Köpplingers derb-komische Effekte nicht scheuende Inszenierung fand nicht nur in München, sondern auch in Wien ein animiertes Publikum und überwiegend positive Rezensionen. Sie erbrachte immerhin den Beweis, dass es sich auch heute noch lohnt, dieses lange vergessene Spätwerk auf die Bühne zu bringen. Vor allem wegen der kostbaren Musik. Der sonst oft gehässige Wiener Kritiker Eduard Hanslick, der in der Begleitung von Johannes Brahms zur Uraufführung kam, hielt fest: „Der Duft des Waldmeister ist noch immer würziger echter Strauß, nur durch Abliegen milder geworden“. Strauß selbst dirigierte bei dieser Gelegenheit die mehrteilige und abwechslungsreiche Ouvertüre seiner 14. und vorletzten Operette, die auch späterhin als selbständiges Konzertstück populär blieb. Aber auch zahlreiche Gesangsstücke daraus fanden in reinen Orchesterversionen Eingang ins Konzert-Repertoire, etwa der Ensemble-Walzer „Trau, schau, wem“, ein echter Ohrwurm zum Mitsingen, die Schnellpolka „Klipp, klapp“ oder der Marsch „Es war so wunderschön“.

Auf die Musik reduziert

cpo hat die Wiener Aufführung im Museumsquartier Halle E mitgeschnitten und nun als musikalische Gesamtaufnahme ohne Dialoge veröffentlicht. Damit wurde eine CD gespart, die Besonderheit der Aufführung aber, eben die Neufassung, völlig ignoriert. Das schmälert die diskographische Bedeutung der Aufnahme, denn der unermüdliche Operetten-Schatzgräber Dario Salvi hat schon vor ein paar Jahren die komplette Partitur nebst (gekürzten) Dialogen mit dem Philharmonischen Orchester Sofia eingespielt (Naxos 8.660489-90). Die Striche in der Gärtnerplatz-Version (Teile von Finale I, der Lawn-Tennis-Chor und das Couplet „Die Hausfrau äußerst sparsam“ im 2. Akt) sind zu verschmerzen, die Umformung des Couplets „Die Liebe kommt, die Liebe geht“ in ein Duett der Einvernehmlichkeit des (komischen) Liebespaars Erasmus und Jeanne ist dramaturgisch sinnvoll.

Schmissig und delikat

Der Dirigent der Aufführung, Michael Brandstätter, der das Orchestermaterial in minutiöser Kleinarbeit mit dem Autograph der Partitur abgeglichen hat, leitet Musiker und Ensemble beschwingt und präzise, die Ausführung gerät schmissig und zeigt gleichzeitig Sinn für feinere Klangvaleurs. Man bewundert Strauß‘ Kunst der Instrumentation und genießt vor allem die zahlreichen charaktervollen Holzbläser-Soli. Von den Sängern machen die Herren rein akustisch mehr her als die Damen (auf der Szene mag da ein anderer Eindruck entstanden sein). Mit attraktivem Material glänzen der Tenor Matteo Ivan Rašić als Botho, der Bariton Daniel Gutmann in der ursprünglichen Tenorrolle des Tymoleon und der Tenor Daniel Prohaska in der für den großen Wiener Komödianten Alexander Girardi geschriebenen Rolle des Botanikprofessors Erasmus. Sophia Keiler in der Rolle der Diva Pauline klingt mir etwas zu soubrettenhaft und gelegentlich schrill, Andreja Zidaric gewinnt in der nicht sehr dankbaren Partie der Freda nur wenig Profil und die heute im Charakterfach tätige Regina Schörg, die ich vor 20 Jahren an der Komischen Oper Berlin als eine fabelhafte Lucia di Lammermoor erlebt habe, hat als Malwine hauptsächlich schauspielerische Qualitäten einzusetzen, die in dieser reinen Musikfassung nur wenig zum Tragen kommen.

Ekkehard Pluta [10.11.2025]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
0
Johann Strauß (Sohn)
1Waldmeister (Operette in drei Akten) 01:15:16

Interpreten der Einspielung

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