Henriëtte Bosmans
Sonata for Violoncello and Piano • Nocturne • Impressions
Raphael Wallfisch • Ed Spanjaard • Sharon Griffiths

cpo 555 737-2
1 CD • 54min • 2025
04.09.2025
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Henriëtte Bosmans (1895–1952) gehörte als Tochter der jüdischen Pianistin Sara Benedicts‘ zu den „verbotenen Komponisten“ während der Besatzung der Niederlande durch die Nazis. Ihr Vater Henri, der allerdings bereits 1896 verstarb, war zuvor erster Solocellist des neugegründeten Concertgebouworkest. Wohl daher rührte die besondere Affinität der jungen Komponistin zum Violoncello. Und obwohl vor allem ihre späten Lieder seit etwa 30 Jahren wieder in Konzertprogrammen auftauchen, veröffentlichte cpo erst kürzlich die beiden wirklich erstaunlichen Cellokonzerte Bosmans‘ als Erstaufnahmen: mit dem britischen Cellisten Raphael Wallfisch und dem niederländischen Dirigenten und Pianisten Ed Spanjaard. Nun haben sich die beiden Künstler der Kammermusik für Cello und Klavier angenommen.
Engagierte Cellosonate mit Überdruck dargeboten
Bosmans komponierte ihre leidenschaftliche Cellosonate, die bereits mehrfach eingespielt wurde, 1919. Und nicht nur der hochengagierte Kopfsatz des viersätzigen Stücks ist mit seinem gezackten, punktierten Rhythmus und der massiven Klavierbegleitung zupackend. Im Finale wird es streckenweise ebenso dramatisch, und dort schließt sich auch der Kreis, wenn am Ende das Hauptthema des ersten Satzes wieder erscheint. Hübsche Seitenthemen böten in den Ecksätzen jeweils adäquate Kontraste. Wenn man allerdings wie Wallfisch und Spanjaard alles mit derartigem emotionalem Überdruck präsentiert, zerstört man nicht nur die von Bosmans angestrebte Ausgeglichenheit, sondern erschlägt den Hörer geradezu. Solch übertriebene musikalische Gestik – etwa beim Beginn der Reprise des 1. Satzes – scheint sogar mitverantwortlich für die in der Höhe manchmal gequälte Intonation Wallfischs zu sein. Dass Bosmans‘ Sonate überzeugender wirkt, wenn man nicht ständig ganz großes Kino erzwingen will, bewiesen etwa Franz Bartolomey und Clemens Zeilinger, auch wenn deren Spiel teils recht akademisch daherkommt. Man hat Bosmans bei diesem Werk allzu große Nähe zu deutschen Traditionen vorgeworfen. Im zweiten Satz – formal eine Art Menuett mit Trio, dabei brahmsisch-verhalten und fast impressionistisch – sowie im sehr kurzen Adagio, wo man deutlich unter der Metronomvorstellung der Komponistin kleben bleibt, klingt auch die Neuaufnahme anmutiger.
Cello und Harfe – eine seltene Kombination
Noch näher französischen Gefilden näherte sich Bosmans im Nocturne für Cello und Harfe – eine selten zu hörende und durchaus dankbare Klangkombination für ein stimmungsvolles Stück, das lediglich ein wenig zu lang geraten ist. Sharon Griffiths begleitet Wallfischs ausgedehnte Kantilenen perfekt und sensibel, jedoch stört hier ebenfalls dessen suboptimale Intonation. Den Trois Impressions werden der Cellist und sein Klavierpartner vielleicht am besten gerecht: Die Cortège – hier scheint über einem ostinaten Bass eine Karawane vorbeizuziehen – wartet mit orientalischem, En Espagne – der gelungenste Beitrag des Albums – erwartungsgemäß mit spanischem Kolorit auf. Die mittlere Impression, Nuit calme, ist als echter Cello-Ohrwurm nicht zufällig das beliebteste Stück der niederländischen Komponistin. Aufnahmetechnisch ist die CD bei guter Dynamik etwas topfig geraten; das Booklet geht absolut in Ordnung.
Vergleichsaufnahme (Sonate): Franz Bartolomey, Clemens Zeilinger (Gramola 99183, 2016).
Martin Blaumeiser [04.09.2025]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Henriëtte Bosmans | ||
1 | Sonate a-Moll für Violoncello und Klavier | 00:25:33 |
5 | Nocturne für Violoncello und Harfe | 00:11:34 |
6 | Cortège (aus: Trois Impressions für Violoncello und Klavier) | 00:05:38 |
7 | Nuit calme (aus: Trois Impressions für Violoncello und Klavier) | 00:06:35 |
8 | En Espagne (aus: Trois Impressions für Violoncello und Klavier) | 00:04:33 |
Interpreten der Einspielung
- Raphael Wallfisch * 1953 (Violoncello)
- Ed Spanjaard (Klavier)
- Sharron Griffiths (Harfe)