Credo
Bach • Schubert • Schumann
Solo Musica SM 470
1 CD • 60min • 2024
06.10.2024
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Die Pianistin Aliya Turetayeva wurde 1986 in Almaty, Kasachstan, geboren, bekam mit fünf Jahren ihren ersten Klavierunterricht, wurde mit 18 Jahren in die Meisterklasse von Prof. Pavel Gililov an der Musikhochschule Köln aufgenommen, machte dort 2010 ihren Master und absolvierte beim selben Lehrer am Mozarteum Salzburg mit Bestnotenerfolg ihr postgraduales Studium. Sie hat an einigen Wettbewerben mit Erfolg teilgenommen und konzertiert international. Die vorliegende CD mit dem Titel „Credo“ ist also ihr Bekenntnis zu ihren pianistischen Hausgöttern. Dabei ist ihre Programmauswahl für ein solches Statement etwas ungewöhnlich: Sie liebt Bach, spielt aber Bach in der Bearbeitung durch Busoni; Schubert gehört zu ihren Favoriten, sie spielt aber mit der A-Dur-Sonate D 664 eine der eher leichtgewichtigeren. Sie schätzt Schumann, spielt hier aber die nicht so wertgeschätzten und eher selten gespielten Fantasiestücke op. 111.
Ohne Überschwang
Um mit diesen drei Schumann-Fantasien zu beginnen: „Mit leidenschaftlichem Vortrag“ sollte das erste Stück gespielt werden. Das tut Aliya Turetayeva weniger, sie zeigt die Rastlosigkeit dieses Stückes, spielt aber eher liebevoll genau, fast buchstaben- bzw. notengetreu, nicht überschäumend-überschwänglich, „gefühlstrunkenboldig‟, würde Nietzsche sagen. Man muss ja nicht die vielen Sforzati wie einst Jörg Demus fast klirrend-bestimmt betonen – aber betont werden müssen sie allemal. Tadellos exakt gespielt ist auch der langsame zweite Satz, aber nicht singend genug. Der Parallelverlauf der Außenstimmen ist hörbar, aber nicht hervorgehoben. Und den Marschcharakter des dritten Stückes verwischt die Pianistin eher, als dass sie ihn realisiert, geschweige denn betont.
Fein singende Schubert-Sonate
Die Schubert-Sonate nimmt Frau Turetayeva fein singend, verleiht dem still hingesungenen Anfangsthema mehr Pathos, als es mit dem zart akzentuierten Vorhalt-Beginn hat, zeigt im Weiteren deutlichen Gestaltungswillen – doch entlockt beispielsweise Alfred Brendel der so einfachen Melodie des zweiten Satzes mehr klangliche und strukturelle Geheimnisse. So setzt er nach der punktierten ersten Viertelnote des 2.Taktes deutlich ab, während Aliya Turetayeva rüberbindet und alles in einen umfassenden Gesang einbettet. Liebenswürdig-verspielt ist dann das Allegro-Finale.
Ernst gespielte Chaconne
Ernst und würdig interpretiert die Pianistin die beiden Choräle von Bach/Busoni – Murray Perahia nimmt alles rascher, dafür singender, agogisch und dynamisch belebter und drängender, damit gewichtiger. Die Chaconne BWV 1004 spielt Aliya Turetayeva dann energischer und entschlossener, vollgriffiger, ja rauschender und durchaus mit agogischer Freiheit. Man hört, dass sie die unerhörte Architektur dieses Werkes begreift und sie zeigen will. Aber auch da bleibt sie im Vergleich etwas brav: Arturo Benedetti-Michaelangeli (1973 in Lugano, bei aura music 1999) greift wesentlich entschlossener zu, spielt rascher, stringenter, zielgerichteter.
Technisch spielt Aliya Turetayeva mühe- und tadellos, Genauigkeit scheint ihr wichtig – noch mehr persönliche Interpretationskraft wünscht man sich aber schon.
Rainer W. Janka [06.10.2024]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Johann Sebastian Bach | ||
1 | Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ BWV 639 (Choralvorspiel) | 00:03:30 |
2 | Nun komm, der Heiden Heiland BWV 659 (Choralbearbeitung) | 00:05:16 |
3 | Ciaccona d-Moll BWV 1004 (aus: Partita Nr. 2 d-Moll) | 00:17:51 |
Franz Schubert | ||
4 | Klaviersonate Nr. 13 A-Dur D 664 op. posth. 120 | 00:22:22 |
Robert Schumann | ||
7 | Drei Fantasiestücke op. 111 | 00:13:02 |
Interpreten der Einspielung
- Aliya Turetayeva (Klavier)