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Besprechung CD

Henze

Konzertmusik • Il Vitalino raddoppiato • 3 Mozartsche Orgelsonaten

Berlin Classics 0303021BC

1 CD • 53min • 2022

08.03.2024

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Auf diesem Album des Mozarteumorchesters Salzburg erleben wir Hans Werner Henze bei der Auseinandersetzung mit historischen und zeitgenössischen Vorbildern. Am Anfang des Programms steht die Konzertmusik für Violine und kleines Kammerorchester, die Henze als 17-Jähriger 1943 komponierte. Das Werk wurde damals zwar noch geprobt, kam aber, da der Violinist Kurt Stier, ebenso wie Henze selbst, zum Kriegsdienst eingezogen wurde, nicht mehr zur Aufführung. Die erste öffentliche Darbietung fand 2022 durch die Interpreten der vorliegenden CD in Salzburg statt. Das dreisätzige Opus ist nicht nur als Kunstwerk selbst eine erfreuliche Entdeckung, sondern auch von historischem Interesse, da es vor Henzes Beschäftigung mit der Zwölftonmusik entstand.

Bemerkenswertes Jugendwerk

Hörbar rezipiert der junge Komponist die damalige neoklassizistische Moderne. Zwei agile, frische Ecksätze rahmen einen introvertierten langsamen Satz ein, der knapp die Hälfte der elfminütigen Komposition einnimmt und auch durch eine ungewöhnliche Ausdrucksstärke als gewichtigster Teil des Werkes erscheint. Die Behauptung im Einführungstext, „durch den kulturellen Exodus der Nazis“ sei die Entwicklung „der Musik der 20er und 30er Jahre“, an die Henze in der Konzertmusik anknüpft, abgebrochen worden, ist der historischen Einordnung des Werkes nicht dienlich. Das Idiom, an dem sich Henze hier orientiert, war in den 40er Jahren in Deutschland sehr lebendig und wurde auch von Komponisten gepflegt, die sich dem NS-System angepasst hatten, wie etwa Henzes späterer Lehrer Wolfgang Fortner.

Vitali, von Henze verdoppelt

Mehr als die Hälfte der CD nimmt Il Vitalino radoppiato (Der verdoppelte Vitalino) ein, ein Werk für Violine und Kammerorchester, das auf Tomaso Antonio Vitalis Ciacona g-Moll basiert. Diese, wohl um 1700 für Violine und Generalbass komponiert, wurde erst seit dem 19. Jahrhundert durch Bearbeitungen einem größeren Publikum bekannt, in denen die Arrangeure ausgiebig dem jeweiligen Zeitgeschmack huldigten. Henze knüpft nicht nur an diese Tradition an, sondern geht noch weiter, indem er Vitalis Werk durch hinzu komponierte Variationen und eine umfangreiche virtuose Kadenz auf die dreifache Länge ausdehnt. Im Verlauf des Werkes tritt Vitali zugunsten Henzes immer mehr in den Hintergrund. Eine organische Verknüpfung der barocken und der modernen Elemente ist Henze nicht gelungen, er scheint diese aber, seinem im Beiheft mitgeteilten Kommentar zufolge, auch nicht angestrebt zu haben. Sein „doppelter Vitali“ ist unterhaltsam zu hören, auch wenn er letztlich einen zwiespältigen Eindruck hinterlässt.

Apollinisch instrumentierter Mozart

Am Ende des Programms stehen drei Kirchensonaten Mozarts, die Henze instrumentiert und zu einer kleinen Kammersymphonie zusammengefasst hat. Henzes Klanggewand zielt auf Helle und silbrigen Glanz, verzichtet aber interessanterweise auf die Violinen. Stattdessen stehen den tiefen Streichern, denen sich eine Viola d'Amore hinzugesellt, Harfe, Gitarre und sechs Holzblasinstrumente gegenüber. Eine vergnügliche Hommage an Mozart, der in Henzes Bearbeitung durchaus als apollinischer Götterliebling erscheint.

Alle Werke werden in qualitativ hochwertigen Darbietungen präsentiert. Die Leistungen des Violinsolisten Ziyu He und des Mozarteumorchesters unter Leitung der Dirigentin Lin Liao sind durchweg lobenswert.

Norbert Florian Schuck [08.03.2024]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Hans Werner Henze
1Konzertmusik für Violine solo und kleines Kammerorchester 00:11:25
4Il Vitalino raddoppiato für Violine und Kammerorchester (1977) 00:28:38
5Mozartsche Orgelsonate für 14 Spieler Nr. 1 (KV 336) 00:04:51
6Mozartsche Orgelsonate für 14 Spieler Nr. 2 (KV 67) 00:02:14
7Mozartsche Orgelsonate für 14 Spieler Nr. 3 (KV 328) 00:05:19

Interpreten der Einspielung

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