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Besprechung CD

Franz Schubert

Die schöne Müllerin

cpo 555 549-2

1 CD • 62min • 2020

29.01.2024

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 9
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Anders als im Falle der Winterreise, die in den letzten drei Jahrzehnten seit Hans Zenders erfolgreichem Versuch immer wieder instrumentale Arrangements der authentischen Klavierfassung erfahren hat, blieben solche Operationen bei Schuberts erstem Zyklus nach Wilhelm Müller, Die schöne Müllerin (1823), bisher aus, sieht man einmal von der Bearbeitung einzelner Lieder ab (etwa Anton Webers Adaption des Tränenregen). Der als Arrangeur sehr erfahrene Andreas N. Tarkmann hat nun die Probe aufs Exempel gemacht und die hypothetische Frage zu beantworten versucht, wie wohl Schuberts Version ausgesehen hätte, wenn er die Gesangsstimme nicht von einem Klavier, sondern von einem Oktett, bestehend aus einem Streichquintett und drei Blasinstrumenten (Klarinette, Fagott und Horn), hätte begleiten lassen. Diese Besetzung ist nicht zufällig gewählt, sondern kann sich auf Schuberts großes Oktett F-Dur D 803 berufen, das kurz nach dem Liedzyklus entstanden ist.

Vom Bächlein zum Strom

Bei Tarkmann und dem Ensemble Acht klingt diese Formation wie ein kleines Kammerorchester. Und das hat Dinge zu erzählen, die in dem originalen, relativ kargen Klavierpart, der – anders als später in der Winterreise – nur begleitenden Charakter hat, allenfalls zu erahnen sind. Während die Gesangsstimme in dieser neuen Fassung unangetastet bleibt, wird die Klavierstimme durch die instrumentale Bearbeitung erheblich aufgewertet und zum gleichberechtigten Partner. Das schließt notwendig erscheinende Erweiterungen des originalen Notentextes mit ein. Sie beginnen mit einem von Schubert nicht komponierten Vorspiel zum ersten Lied Das Wandern und setzen sich später gelegentlich mit zusätzlichen Vor- und Nachspielen fort. In der Gesamtwirkung ergibt sich ein durchgängiger epischer Fluss mit dramatischen Aufwallungen und lyrischen Ruhepunkten. Das vom Müllergesellen angesungene „Bächlein“ wird dabei oft zum reißenden Strom. Tarkmanns Fassung ist also nichts für Puristen, hat aber als originelle Interpretation durchaus ihren Reiz.

Wie es dazu kam

Interessant ist auch ihre Vorgeschichte. Es handelt sich nämlich um eine Auftragsarbeit für den Tenor Klaus Florian Vogt, der schon Mahlers Lieder eines fahrenden Gesellen in einer von Tarkmann arrangierten Kammerfassung gesungen hatte und bei dieser Gelegenheit die eigens für diesen Anlass geschriebene Instrumental-Bearbeitung von Schuberts Ungeduld als Zugabe brachte. Der Erfolg weckte bei allen Beteiligten den Wunsch, den gesamten Zyklus in dieser Form aufzuführen. Diese Version erlebte am 24. März 2019 mit Solisten des Philharmonischen Staatsorchesters Hamburg im Kammermusiksaal der Elbphilharmonie ihre Premiere.

Überzeugende Umsetzung

Die vorliegende Aufnahme entstand 15 Monate später, am Beginn der Coronawelle, in der Hamburger Laieszhalle, diesmal ausgeführt von dem ebenfalls in Hamburg ansässigen Ensemble Acht, das sich in den letzten drei Jahrzehnten mit einem weiten Repertoire, das auch viele zeitgenössische Werke und Uraufführungen umfasst, einen Namen gemacht hat. Sie glänzen bei dieser Gelegenheit mit vitalem Musikantentum und einem hohen Maß an Homogenität. Die überwiegend sehr lebhaften Tempi treiben die von ständigen Stimmungsschwankungen geprägte Handlung den Hörer mitreißend voran und Klaus Florian Vogt ist von seinem hellen Timbre, in dem sich Naivität und Empfindsamkeit verkörpern, der geeignete Interpret, um die Umschwünge von „Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt“ glaubhaft zu gestalten. Dass seine zuletzt immer mehr auf Wagnerpartien fokussierte Stimme (er debütiert dieser Tage als Tristan) auch noch die nötige Flexibilität für den Liedgesang aufbringt und in den Höhen lyrische Strahlkraft zeigen kann, ist erfreulich zu konstatieren.

Ekkehard Pluta [29.01.2024]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Franz Schubert
1Das Wandern D 795 Nr. 1 (aus: Die schöne Müllerin D 795) 00:03:34
2Wohin? op. 25 Nr. 2 D 795 Nr. 2 (aus: Die schöne Müllerin D 795 (Liederzyklus nach Gedichten von Wilhelm Müller)) 00:02:04
3Halt! D 795 Nr. 3 (aus: Die schöne Müllerin D 795) 00:01:26
4Danksagung an den Bach D 795 Nr. 4 (aus: Die schöne Müllerin D 795) 00:02:12
5Am Feierabend D 795 Nr. 5 (aus: Die schöne Müllerin D 795) 00:02:25
6Der Neugierige D 795 Nr. 6 (aus: Die schöne Müllerin D 795) 00:03:42
7Ungeduld D 795 Nr. 7 (aus: Die schöne Müllerin D 795) 00:02:31
8Morgengruss D 795 Nr. 8 (aus: Die schöne Müllerin D 795) 00:03:49
9Des Müllers Blumen D 795 Nr. 9 (1823 - aus: Die schöne Müllerin D 795) 00:03:29
10Tränenregen D 795 Nr. 10 (aus: Die schöne Müllerin D 795) 00:03:50
11Mein! D 795 Nr. 11 (aus: Die schöne Müllerin D 795) 00:02:27
12Pause D 795 Nr. 12 (aus: Die schöne Müllerin D 795) 00:04:20
13Mit dem grünen Lautenbande D 795 Nr. 13 (aus: Die schöne Müllerin D 795) 00:02:03
14Der Jäger D 795 Nr. 14 (aus: Die schöne Müllerin D 795) 00:01:20
15Eifersucht und Stolz D 795 Nr. 15 (aus: Die schöne Müllerin D 795) 00:01:38
16Die liebe Farbe D 795 Nr. 16 (aus: Die schöne Müllerin D 795) 00:04:13
17Die böse Farbe D 795 Nr. 17 (aus: Die schöne Müllerin D 795) 00:01:59
18Trockne Blumen D 795 Nr. 18 (aus: Die schöne Müllerin D 795) 00:04:16
19Der Müller und der Bach D 795 Nr. 19 (aus: Die schöne Müllerin D 795) 00:03:52
20Des Baches Wiegenlied D 795 Nr. 20 (Müller - aus: Die schöne Müllerin D 795) 00:06:27

Interpreten der Einspielung

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