Emilie Mayer
Piano Concerto • Overtures
cpo 555 554-2
1 CD • 67min • 2022
16.10.2023
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Erst in den letzten Jahren ist die in Vergessenheit geratene deutsche Komponistin Emilie Mayer (1812 – 1883) wieder ins öffentliche Interesse gerückt. Einst wurde sie, die einige Zeit Unterricht bei Carl Loewe in Stettin nahm und dann in Berlin heimisch wurde, als „weiblicher Beethoven“ gerühmt, und heute kann man lesen, sie sei „Europas größte Komponistin“. Mit solchen Superlativen tut man dem Nachruhm der Musikerin, die zweifellos begabt war und den Klassikern nacheiferte, keinen Gefallen. Die jetzt erschienene CD mit dem Pianisten Tobias Koch und der Kölner Akademie unter Alexander Willens macht zumindest deutlich, dass die Komponistin, die sich als Frau über alle Vorbehalte der damaligen Zeit hinwegsetzte, eigene Ideen hatte und diese in die vorgefundenen Formen einpasste. Darüber hinaus vermochte sie bei ihren Orchesterwerken mit viel Fantasie zu instrumentieren.
Auf Mozarts Spuren
Ihr einziges Klavierkonzert, das vermutlich zwischen 1853 und 1857 entstanden ist, folgt epigonal den Spuren Mozarts und stellt dem Solisten wie dem Orchester dankbare, nicht allzu schwierige Aufgaben. Der Pianist Tobias Koch, der sich gern dem unbekannten Repertoire widmet, spielt den Solopart auf einem Hammerflügel, der dem durchsichtigen und leichtfüßigen Charakter des Stücks entgegen kommt. Koch spielt mit perlendem, dynamisch variablem Anschlag und mit Verständnis für den zurückgewandten Stil. Die Kölner Akademie begleitet ihn unter Leitung von Michael Alexander Willens hellhörig, wenn auch mit kleinen Ungenauigkeiten, etwa bei den Verzierungen im Adagio-Mittelsatz.
Von Goethes „Faust“ beeindruckt
Die Auswahl von vier Ouvertüren zeigt die Spannweite im sinfonischen Schaffen von Emilie Mayer auf. Während die Ouvertüre Nr. 2 D-Dur und die Ouvertüre Nr. 3 C-Dur sich formal eng an klassischen Vorbildern orientieren und etwas kurzatmig in der thematischen Arbeit wirken, lassen die d-Moll-Ouvertüre, die ohne Nummerierung überliefert ist, und die spätere Faust-Ouvertüre persönlichere Züge erkennen, die auch Offenheit für die romantische Zeitströmung verraten. Die Faust-Ouvertüre könnte man in ihrer Verbindung zu Goethes Drama fast als Symphonische Dichtung bezeichnen. Dazu passt auch, dass Emilie Mayer das Ende der Partitur mit der Bemerkung „sie ist gerettet“ versieht, um auf die Erlösung Gretchens in Faust I hinzuweisen. Michael Alexander Willens arbeitet mit der Kölner Akademie die scharfen Kontraste und die häufigen Farbwechsel zwischen Streichern und Bläsern klar heraus, und er sorgt bei zügigen Tempi für einen spannenden Verlauf der etwa 8 bis 10 Minuten dauernden Ouvertüren.
Interessante Informationen
Positiv hervorzuheben ist das Booklet, in dem Bert Hagels nicht nur auf die Persönlichkeit und das Schicksal von Emilie Mayer eingeht, sondern auch die Werke genau analysiert mit Hilfe exakter Zeitangaben zu den jeweiligen Abläufen.
Prof. Klaus Trapp [16.10.2023]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Emilie Mayer | ||
1 | Ouvertüre d-Moll | 00:08:03 |
2 | Ouvertüre Nr. 3 C-Dur | 00:09:21 |
3 | Ouvertüre Nr. 2 D-Dur | 00:08:48 |
4 | Faust-Ouvertüre h-Moll op. 46 | 00:10:40 |
5 | Klavierkonzert B-Dur | 00:29:53 |
Interpreten der Einspielung
- Tobias Koch (Fortepiano)
- Die Kölner Akademie (Orchester)
- Michael Alexander Willens (Dirigent)