Trios for Piano, Clarinet & Cello
Robert Kahn • Vincent d'Indy
Bawandi Trio
cpo 555 596-2
1 CD • 57min • 2022
15.05.2023
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Beginnend mit Beethovens Gassenhauer-Trio hat sich die Besetzung Klarinette, Violoncello und Klavier insgesamt recht nachdrücklich im Repertoire etabliert; jedenfalls ist die Bandbreite dessen, was für diese Besetzung im Laufe der Jahrhunderte komponiert wurde, bemerkenswert groß. Erfreulicherweise hat sich das junge Bawandi Trio auf seiner Debüt-CD dafür entschieden, zwei selten(er) gespielte Werke zu präsentieren, beide um die Wende zum 20. Jahrhundert entstanden, beide stilistisch in erweiterten spätromantischen Gefilden angesiedelt. Dass dabei die Wahl auf Robert Kahn (1865–1951) und sein Trio g-moll op. 45 (1905) fiel, passt natürlich ungemein gut in den Katalog des Labels cpo, das sich ja schon länger mit der Musik Kahns befasst. Gekoppelt wird das Werk mit Vincent d’Indys Trio B-Dur op. 28 (1887).
Von beseeltem Dialogisieren zu quasi-sinfonischer Pranke
In Zusammenhangs mit Kahns Musik fällt in der Regel schnell der Name seines Freundes und Vorbilds Johannes Brahms, und zweifelsohne ist dessen Einfluss auch im Klarinettentrio unüberhörbar, zumal im Mittelsatz, der als typisch Brahms’sches Intermezzo konzipiert ist. Dies sollte jedoch nicht davon ablenken, dass es sich um ein insgesamt sehr ansprechendes, leicht melancholisch getöntes, von beseelter, einprägsamer Melodik beherrschtes Werk handelt. Hingewiesen sei etwa auf den ausgesprochen reizvollen Schluss des ersten Satzes in mildem G-Dur, das von chromatischen Umspielungen ganz sanft verfremdet, ja verklärt wird. Während Kahns Trio wesentlich durch das fortwährende Dialogisieren von Klarinette und Violoncello geprägt wird, begleitet von einem reichen, warmen Klaviersatz, ist d’Indys deutlich ausladenderes Trio einerseits expansiver, sinfonischer angelegt (mit einem Kopfsatz, der nota bene als Ouvertüre bezeichnet ist), grenzt aber andererseits die Instrumente stärker voneinander ab, wobei das Klavier eine tendenziell gewichtigere Rolle spielt. Die Mittelsätze sind Charakterstücke, herrlich der Chant élégiaque an dritter Stelle, in dem die Arpeggien im Klavier und der Gesang von unisono geführter Klarinette und Cello bei der Wiederholung des ersten Teils fast eine Art Bardenszene suggerieren.
Hochklassige, überlegte Darbietungen
Das Bawandi Trio erweist sich als kompetentes, hochklassiges Ensemble, das die beiden Werke sehr gut und in zahlreichen Details wohlüberlegt in Szene zu setzen weiß; hervorzuheben insbesondere der warme Ton des Klarinettisten Patrick Hollich. Im ersten Satz von Kahns Trio nehmen die drei Musiker das poco sostenuto des Hauptthemas und das spätere poco stringendo sehr wörtlich und spielen den Satz eigentlich in zwei verschiedenen Tempi. So lässt sich das Trio viel Zeit dabei, Kantilenen auszusingen, allerdings ein wenig zu Lasten des größeren Zusammenhangs, der Richtung der Musik. Ganz ähnlich versteht das Trio den zweiten Satz eher als Andantino denn als (sanft wiegendes) Allegretto. Im Finale wiederum kommt der Charakter eines schnellen, etwas nervösen Walzers durch das leicht gemäßigte Tempo (trotz Presto-Vorschrift) sehr gut zur Geltung. Grundsätzlich überzeugend auch die Interpretation von d’Indys Trio. Hier wäre es indes möglich, die Kontraste, die dieses Stück prägen, deutlicher herauszuarbeiten. Sowohl im zweiten Satz, einem kraftvollen, durchaus auch derben Scherzo, als auch im Finale spielt der Rhythmus stellenweise eine zentrale Rolle, mit Akzenten, die eine geradezu perkussive Note einbringen. Hier bleibt das Bawandi Trio eine Spur zu verhalten, zu verbindlich. Andererseits gerät der Schluss des Kopfsatzes (mit Spielanweisungen wie doux oder très en dehors) etwas zu direkt, mit zu wenig Geheimnis. Nuancen, freilich, und eine Aufnahme wie die des Amici Ensembles auf Naxos (bei ihrem Erscheinen vor knapp 20 Jahren immerhin die einzige, die seinerzeit im Handel erhältlich war) lässt die Neuproduktion klar hinter sich.
Ein erfreulicher CD-Einstand
Der Klang der CD entspricht modernen Standards, wobei im Trio von Kahn das Klavier eine Spur zu präsent wirkt. Problematisch am kompakten Begleittext ist vor allem die Diskussion von d’Indys Trio, die naiv bis wolkig gerät. So wird das „zyklische Prinzip“, mit dem d’Indy natürlich auch in diesem Werk arbeitet, nicht einmal erwähnt, geschweige denn im Detail nachvollzogen (stattdessen wird d’Indys Trio attestiert, es präsentiere „solide Ideen durch lange Melodielinien“). Nicht haltbar ist die These, die zeitliche und örtliche Einordnung des Werks werde durch „Überraschungseffekte und unerwartete Assoziationen“ erschwert, denn tatsächlich handelt es sich in vielerlei Hinsicht um ein typisches Werk der französischen Musik der Franck-Schule. Dessen ungeachtet stellt das Album einen insgesamt gelungenen, erfreulichen CD-Einstand des Bawandi Trios dar.
Holger Sambale [15.05.2023]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Robert Kahn | ||
1 | Trio g-Moll op. 45 für Klarinette, Violoncello und Klavier | 00:21:10 |
Vincent d' Indy | ||
4 | Trio op. 29 für Klarinette, Violoncello und Klavier | 00:35:35 |
Interpreten der Einspielung
- Bawandi Trio (Klaviertrio)