Oceanic
Iveta Apkalna, Stavanger Symphony Orchestra, Andris Poga
Berlin Classics 0302813BC
1 CD • 71min • 2022
10.06.2023
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Nein, besonders gut gelaunt sieht die Organistin Iveta Apkalna wahrlich nicht aus, nachdem ihr offensichtlich jemand Wasser über das Gesicht gekippt hat. Wer hat sich dieses Motiv für das Cover von Frau Apkalnas neuer CD wohl einfallen lassen? Wahrscheinlich hat es mit dem Titel der Veröffentlichung zu tun: "Oceanic". Nach Iveta Apkalnas Worten erzählen die Werke auf der CD "vom Wasser, seiner Kraft, dem Leben, das aus ihm entspringt".
Überwältigendes Orgelkonzert
Gut, irgendein übergreifendes Thema muss eine CD-Veröffentlichung heute ja wohl haben. Bernd Richard Deutschs Orgelkonzert Okeanos handelt allerdings nicht nur vom Wasser, sondern auch von den anderen drei Elementen. Okeanos ist mit über 30 Minuten das längste Werk auf der CD. Nach Iveta Apkalna handelt es sich um "das beste zeitgenössische Orgelkonzert überhaupt". Eindeutig für eine Konzertorgel entworfen, weist das viersätzige Stück keine religiösen Konnotationen auf und überzeugt, ja überwältigt mit einer enormen klangfarblichen und emotionalen Vielfalt. Absolut zeitgenössisch, keineswegs aber avantgardistisch (was immer dieser Begriff heute noch bedeuten mag), stellt Okeanos hohe bis höchste Anforderungen sowohl an den Spieler als auch an den Hörer, wobei der Raumklang, der ja bei Kompositionen für Orgel immer entscheidend mitwirkt, von der Technik sehr überzeugend eingefangen wurde. Auch das Stavanger Symphony Orchestra unter Andris Poga sowie die vielfältig dimensionierte Orgel im Konzerthaus Stavanger tragen ihren Teil zum Erfolg dieser Interpretation bei.
Moderate Tonsprache
Das Orgelkonzert Okeana Balss ("Stimmen des Ozeans") des Letten Ēriks Ešenvalds vermag mit der überwältigenden Pracht und dem stilistischen Abwechslungsreichtum von Deutschs Komposition nicht mitzuhalten. Das Originellste an dem gut zwanzigminütigen Dreisätzer ist noch der Anfang, der sich konkret ("augenzwinkernd"?) auf Bachs Tocata d-Moll bezieht. Ansonsten weist das Werk in seiner emotionalen, gelegentlich auch fast sentimentalen, durch dissonante Reibungen etwas aufgerauten Tonalität gewisse Ähnlichkeiten zur Tonsprache von Ešenvalds' Landsmann Pēteris Vasks auf, ohne allerdings immer dessen Tiefgründigkeit zu erreichen.
Als Beiprogramm gibt es zwei reine Orchesterwerke – ohne Orgel, dafür mit "ozenaischem" Themenbezug: Ravels Une barque sur l'océan sowie Die Okeaniden von Sibelius – letzteres Stück in einer äußerst dramatische Interpretation, die durchaus ansprechend geraten ist. Vor allem wegen Okeanos lohnt sich die CD. Vom Österreicher Bernd Richard Deutsch würde man gern mehr kennenlernen!
Thomas Schulz [10.06.2023]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Bernd Richard Deutsch | ||
1 | Okeanos für Orgel und Orchester | 00:32:52 |
Maurice Ravel | ||
5 | Une barque sur l'océan (aus: Miroirs) | 00:07:10 |
Jean Sibelius | ||
6 | Die Okeaniden op. 73 (Letzte Fssg., 1914) | 00:09:29 |
Ēriks Ešenvalds | ||
7 | Voice of the Ocean für Orgel, Flöte, Streichorchester und Schlagzeug | 00:20:53 |
Interpreten der Einspielung
- Iveta Apkalna (Orgel)
- Kristin Hammerseth (Flöte)
- Stavanger Symphony Orchestra (Orchester)
- Andris Poga (Dirigent)