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Besprechung CD

Gabriel Fauré

Musique Religieuse

Rondeau ROP620607

2 CD • 1h 52min • 2021

11.06.2023

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 7
Klangqualität:
Klangqualität: 7
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 7

Keno Weber legt mit seinem Jugendchor Quilisma aus Springe bei Hannover eine Gesamtschau der geistlichen Werke Gabriel Faurés vor. Da es von der symphonischen Fassung des berühmten Requiems bereits Aufnahmen in Fülle gibt, entschied er sich für die Rekonstruktion der Urfassung, erweitert um die bereits kurz nach der Uraufführung hinzugefügten Blechbläser. Interesse verdient die Einspielung jedoch wegen der aufgenommenen kürzeren Werke, die manchem Kirchenmusiker Anregung sein dürften.

Komponierter Protest gegen opernhafte Kirchenmusik

Dass Gabriel Fauré (1845-1924), der Komponist eleganter Lieder und Klaviermusik, seinen Lebensunterhalt lange Zeit als Kirchenmusiker bestritt, dürfte eher den Spezialisten denn dem breiten Publikum bekannt sein, das sich an ihn als Direktor des Konservatoriums und Lehrer von Maurice Ravel erinnert. Fauré war aber – als Nachfolger seines väterlichen Freundes Camille Saint-Saëns‘ – lange Zeit Organist an der Madeleine und improvisierte gemeinsam mit Charles-Marie Widor an den Orgeln von St. Sulpice simultane Duos. Seine kleineren Kirchenkompositionen sind Gelegenheitswerke. Das Cantique de Jean Racine entstand für den Abschluss der Kompositionsklasse an der École Niedermayer und wurde mit einem Premier Prix belohnt.

Das berühmte Requiem entstand 1889 zunächst als fünfsätzige Handgelenksübung, der ein bereits 1878 komponiertes Hostias hinzugefügt wurde, aus innerem Protest gegen die pompös-theatralischen Vertonungen von Hector Berlioz und Giuseppe Verdi. Das Orchester war mit Solo-Violine, geteilten Bratschen und Celli, Orgel plus Harfe recht übersichtlich besetzt. Für nachfolgende Aufführungen fügte der Komponist je zwei Trompeten und Hörner sowie drei Posaunen hinzu, was immer noch unter den Anforderungen der gleichnamigen Saint-Saëns-Komposition bleibt. Zudem erweiterte er das Offertorium und fügte das Libera me ein. Ob er die von seinem Verleger Hamelle angeregte Version für Symphonieorchester selbst instrumentierte, oder seinen Schüler Julien Roger-Ducasse damit beauftragte, da ihn die Instrumentation immer gelangweilt hatte, ist aktuell umstritten.

Subtile Entdeckungen

Die kleineren liturgischen Kompositionen (mehrere Ave Maria, Tantum Ergo etc.) sind durchweg hörenswerte Gottesdienstliteratur und können wie auch die groß angelegte Psalmvertonung Super flumina babylonis eine Konzertaufführung des Requiem ergänzen. Alle Werke sind jedoch anspruchsvoller als es der Notentext auf den ersten Blick vermuten lässt.

Ambitioniert

Der Jugendchor Quilisma hat sich unter seinem Leiter Keno Schneider ein anspruchsvolles Repertoire ausgesucht, kann diesem aber nur teilweise gerecht werden. Da Frauen in der Pariser Madeleine als Sängerinnen unerwünscht waren, sind Sopran und Alt für Knaben konzipiert. Tenor und Bass wurden von angestellten Profis übernommen, die Orgel und Blech Entsprechendes entgegensetzen konnten. Vielleicht hätte man die Bläser – wie in der Urfassung – weglassen sollen. Deshalb verschiebt sich die Klangbalance in dieser Aufnahme bei Forte-Passagen zu ungunsten der Vokalisten, die zudem Schwierigkeiten haben, die atemtechnisch heiklen Passagen im Requiem adäquat durchzuhalten. Da wirkt vieles – besonders in der Mittellage – zu schlecht gestützt und in der Höhe manchmal zu forciert. Das Soloquartett macht seine Sache ordentlich, ohne wirkliche Glanzpunkte zu setzen. Live wäre das höchst zufriedenstellend, für eine Aufnahme ist es jedoch etwas wenig. Die Blechbläser der Hannoverschen Hofkapelle sind zu dominant, die Streicher ordentlich. Hier wären in Kombination mit der Chorbesetzung historische Posaunen und Hörner, die um 1890 noch engere Mensuren aufwiesen, angebrachter gewesen.

Die Aufnahmetechnik vermag es nicht, eine ausgewogene Klangbalance herzustellen. Auch die hochauflösende Fassung fürs Streaming bleibt unter professionellem Niveau.

Fazit: Eine Aufnahme, die sich wegen der kleineren Werke besonders katholische Kirchenmusiker aus Informationsgründen zulegen sollten. Das Notenmaterial findet sich in Einzelausgaben und als Komplettband beim Carus Verlag.

Thomas Baack [11.06.2023]

Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Gabriel Fauré
1Tu es Petrus 00:01:49
2Super flumina Babylonis N 6 (Psalm 136) 00:09:26
3Ave Maria op. 93 00:03:43
4Salve Regina op. 67 Nr. 1 00:02:23
5Ave Maria op. 67 Nr. 2 00:01:43
6Messe basse 00:08:53
10En Prière 00:02:08
11Sancta Mater 00:02:39
12Tantum ergo op. 55 00:03:55
13Benedictus 00:01:36
14Ave Maria 00:04:07
15Ave verum op. 65 Nr. 1 00:03:23
16Tantum ergo op. 65 Nr. 2 00:02:01
17Ecce fidelis servus op. 54 00:02:07
18Ave Maria op. posth. 00:01:41
19Cantique de Jean Racine op. 11 N 42 00:04:35
CD/SACD 2
1Requiem c-Moll op. 48 00:24:12
7O salutaris hostia op. 47 Nr. 1 00:03:08
8Maria, Mater gratiae op. 47 Nr. 2 00:02:38
9Noël d'enfants 00:02:51
10Il est né le divin enfant 00:05:14
11Noël op. 43 Nr. 1 00:02:21
12Nocturne op. 43 Nr. 2 00:02:17
13Offertoire (aus: Requiem c-Moll op. 48, Version 1893) 00:07:57
14Libera me (aus: Requiem c-Moll op. 48, Version 1893) 00:04:00
15Tantum ergo (1904) 00:01:45

Interpreten der Einspielung

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