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Besprechung CD/SACD stereo/surround

Beethoven-Liszt • Mozart-Alkan

BIS 2615

1 CD/SACD stereo/surround • 83min • 2021

10.01.2023

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Auf seiner dritten Veröffentlichung für BIS kombiniert der hauptberuflich als Rechtsanwalt in London tätige, asiatisch-stämmige Paul Wee zwei der ambitioniertesten Klaviertranskriptionen des 19. Jahrhunderts. Bei aller Ernsthaftigkeit des Versuchs, die Illusion eines klassischen Symphonieorchesters auf den Konzertflügel zu bringen, gehen diese in der Wahl ihrer Mittel doch recht unterschiedlich vor.

Beethovens Eroica in der Übertragung Liszts

Franz Liszt nahm seine Übertragungen der Beethoven-Symphonien für Klavier zu nur zwei Händen äußerst ernst. Die schließlich von Breitkopf & Härtel herausgegebenen Fassungen sind teils das Ergebnis jahrzehntelangen Ringens und ausgiebiger Konzerterfahrung. Die „Eroica“ wurde so erst 1863 fertig und trifft den Charakter von Beethovens Meisterwerk in fast allen Momenten. Wee nimmt hier alles sehr klassisch, hält in den ersten beiden Sätzen über weite Strecken strikt das Tempo. Hierbei ist er spürbar langsamer als moderne Dirigenten, geht aber damit wohl bereits an die Grenzen des pianistisch überhaupt Machbaren. Tatsächlich sind die Tempi der über Jahrzehnte als Referenz gerühmten Einspielung von Cyprien Katsaris noch zäher, jedoch ein wenig flexibler. Wees Spannungsbogen leidet darunter spätestens beim Fugato gegen Ende des Trauermarschs. Klanglich und in der Abstufung der Dynamik ist die Darbietung hingegen immer faszinierend; Struktur und Inhalt bleiben jederzeit, ebenso emotional, nachvollziehbar. In der Virtuosität des Scherzos übertrifft Wee Katsaris deutlich, wirkt insgesamt eine Spur stringenter, wenn er auch nicht ganz über die Farbigkeit des Zyprioten verfügt. Nur der Schluss des Poco Andante im Finale zerfällt gnadenlos.

Erstaunliche Alkan-Bearbeitung von Mozarts KV 466

Als genialer Wurf darf Charles Valentin Alkans Bearbeitung von Mozarts d-Moll-Klavierkonzert gelten. Im Gegensatz zu Liszt, der den Fokus seiner Beethoven-Transkription in erster Linie auf eine adäquate Vermittlung des musikalischen Geistes setzt, ist Alkan detailversessen, möchte möglichst alles aus der Partitur in seine Übertragung einbringen. Das gelingt ihm höchst erstaunlich, und dabei werden schon im 2. Satz, der Romance, die manuellen Anforderungen gewaltig. Paul Wee wählt wiederum eher gemessenere Tempi, die kein noch so feines Detail unterschlagen, gleichzeitig aber die Dramatik – gerade im Kopfsatz – beständig am Köcheln halten. Die Souveränität, mit der hier Soli und Tutti unterscheidbar bleiben, sich jedoch bald symphonisch gegenseitig hochschaukeln, ist bemerkenswert. Und die beiden Kadenzen geraten Alkan mal wieder überdimensional, um nicht zu sagen: ziemlich durchgeknallt. Im ersten Satz bringt er hier noch den Beginn der Jupiter-Symphonie unter, im dritten kombiniert er die Themen der ersten beiden Sätze. Da ist Wee dann endgültig in seinem Element, ohne dass diese stilistischen Brüche auch nur die Spur unseriös erscheinen. Seine Anschlagskultur hat er hörbar verfeinert, spielt mittlerweile weicher als in der Alkan-Aufnahme von 2019; somit ist dies eindeutig seine bislang beeindruckendste CD. Aufnahmetechnisch erwartungsgemäß untadelig, überzeugt Wee zudem mit einem informativen Booklettext: Schon wegen Mozart/Alkan ist diese Neuerscheinung klar eine Empfehlung wert.

Vergleichsaufnahme (Beethoven): Cyprien Katsaris (Teldec 9031-71619-2, 1985).

Martin Blaumeiser [10.01.2023]

Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Ludwig van Beethoven/Franz Liszt
1Sinfonie Nr. 3 Es-Dur op. 55 (Eroica) 00:50:25
Wolfgang Amadeus Mozart/Charles Valentin Alkan
5Klavierkonzert Nr. 20 d-Moll 00:32:08

Interpreten der Einspielung

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