Mily Balakirev
Dinara Klinton, Niederrheinische Sinfoniker, Mihkel Kütson
MDG 952 2236-6
1 CD/SACD stereo/surround • 68min • 2021
17.01.2023
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Der berühmteste russische Komponist? Tschaikowsky natürlich! Auch wenn man sein OŒuvre und seine Bedeutung nicht schmälern will, so lohnt es sich doch auf jeden Fall, auch die Musik um Tschaikowsky herum zu entdecken. Hierzu gehört auch die Musik Mily Balakirevs, der seinerseits alles andere als ein Unbekannter war: Balakirev prägte die russische Musik im 19. Jahrhundert ganz entscheidend. Gemeinsam mit César Cui, Modest Mussorgsky, Nikolai Rimsky-Korsakov und Alexander Borodin bildete er die Gruppe „Das mächtige Häuflein“, das sich einer russischen Musik frei von westlichen Einflüssen und ohne die Einschränkungen durch ein akademisches Studium verschrieben hatte. Er war nicht nur Kopf dieser Gruppe, sondern gründete auch die Freie Musikschule in St. Petersburg als Gegenpol zum Konservatorium und hatte damit großen Einfluss auf das Musikleben sowie künftige Generationen, was aber zu Lebzeiten nicht immer anerkannt wurde. Balakirev schrieb Orchesterwerke, u.a. zwei Sinfonien und zwei Klavierkonzerte, weitere Klavierwerke, Kammermusik, Chormusik, ein Opernfragment und Liedsammlungen. Nicht nur seinen Schülern, sondern auch sich selbst gegenüber war er sehr kritisch, so dass viele Kompositionen erst nach mehreren Anläufen publiziert wurden, wodurch sie teils konservativer wirkten als sie es zur eigentlichen Entstehung tatsächlich waren.
Spannungsgeladene russische Musik
Nachdem die Niederrheinischen Sinfoniker zuletzt in einer mittlerweile preisgekrönten Aufnahme mit Werken von Alexander Glazunov hervorgetreten sind, haben sie nun unter der Leitung ihres Chefdirigenten Mihkel Kütson Werke Balakirevs eingespielt. Den Anfang machen sie hierbei mit der Ouvertüre zu Shakespeares King Lear, die zunächst als Teil einer Bühnenmusik gedacht war und vom Komponisten selbst mehrfach revidiert wurde. Das knapp elfminütige Werk fasst tatsächlich alles zusammen, was eine gute Eröffnungsmusik ausmacht: Einen majestätischen Beginn, lyrischere Klänge als Thema Cordelias bis hin zu viel Dramatik. Auf diesen recht pompösen Beginn, der regelrecht die Ohren öffnet, folgt eines der beiden Klavierkonzerte Balakirevs, das erste Klavierkonzert in fis-Moll. Als Solistin gesellt sich hier Dinara Klinton zu den Niederrheinischen Sinfonikern. Die Ukrainerin gewann bereits im Alter von nur 18 Jahren den renommierten Busoni-Wettbewerb, worauf ein beachtlicher Karrierestart folgte. Sie studierte nach ihren ersten musikalischen Erfahrungen in Charkiw am Staatlichen Konservatorium in Moskau und setzte ihre Ausbildung dann am Royal College of Music in London fort, wo sie inzwischen neben ihrer Konzerttätigkeit auch unterrichtet. Das einsätzige Werk war das erste größere Werk Balakirevs, für das er viel Anerkennung erntete. Klinton meistert den virtuosen und teils sehr freien Klavierpart bravourös und klanglich sehr ausdifferenziert. Fein ausbalanciert und präzise fällt auch die Begleitung der Niederrheinischen Sinfoniker aus. Auf das Klavierkonzert folgt nochmals eine Ouvertüre, dieses Mal über drei russische Volkslieder. Vergleicht man diese mit der Ouvertüre zu King Lear, so werden hier deutlich sanftere Töne angeschlagen. Volkstümlich, sehr schön gesanglich, erklingt das Werk, in dem vor allem die Holzbläser in den Vordergrund treten und dies gelungen tun. Die Aufnahme mit Werken von Mily Balakirev beschließen die Niederrheinischen Sinfoniker unter der Leitung von Mihkel Kütson mit dessen zweiter Sinfonie. Ganze acht Jahre beschäftigte er sich mit dem Werk, das zwischen 1900 und 1908 entstand. Mit dem Scherzo alle Cosacca an zweiter Stelle und dem Finale über ein russisches Thema schuf der Komponist ein Werk, das sehr charakterstark und kontrastreich ist. Hiermit beenden die Niederrheinischen Sinfoniker ihre sehr gelungene Einladung, die Musik Mily Balakirevs kennenzulernen.
Verena Düren [17.01.2023]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Mily Alexejewitsch Balakirew | ||
1 | Ouvertüre zu W. Shakespeares King Lear | 00:10:44 |
2 | Klavierkonzert Nr. 1 fis-Moll | 00:13:58 |
3 | Ouvertüre über drei russische Volkslieder | 00:08:18 |
4 | Sinfonie Nr. 2 d-Moll | 00:35:59 |
Interpreten der Einspielung
- Dinara Klinton (Klavier)
- Niederrheinische Sinfoniker (Orchester)
- Mihkel Kütson (Dirigent)